Josef – Die Wiederannahme Israels

(1.Mose 45,1- 50,26)

Gott hat in der Bibel schon lange voraussagen lassen, dass wenn das jüdische Volk sich von ihm abwendet, es unter alle Nationen verstreut wird. In 5.Mose 28,64-68 ist das beschrieben. Im Kapitel 30 spricht Gott davon, dass sein Volk nach einer Zeit unter den Nationen wieder in ihr Land zurückkehren wird. Dazu möchte ich 5.Mose 30,3b.5a.6 lesen: „Gott wird dich wieder sammeln aus all den Völkern, wohin der Herr, dein Gott, dich zerstreut hat“. „Und der Herr, dein Gott, wird dich in das Land bringen, das deine Väter in Besitz genommen haben, und du wirst es in Besitz nehmen“. „Und der Herr, dein Gott, wird dein Herz und das Herz deiner Nachkommen beschneiden, damit du den Herrn, deinen Gott liebst mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele.“

1948 wurde der Staat Israel gegründet. Etwas, was man zuvor für unmöglich hielt. Dieser Staat hat bis heute überlebt. Der zweite Teil der Prophezeiung, die Umkehr vom ganzen Volk Israel zu Gott, hat sich bis heute noch nicht erfüllt. Wir stehen sozusagen im Spannungsfeld zwischen erfüllten und noch ausstehenden Aussagen der Bibel über das Volk Israel. Gerade in der Josefgeschichte werden uns einige Dinge aufgezeigt, wie die volle Erfüllung geschehen wird.

Er offenbart sich, wenn die Vollzahl da ist
Bevor Josef sich seinen Brüdern offenbarte, wartete er bis alle Brüder vor ihm standen. Er verlangte, dass Benjamin auch herabkam nach Ägypten. Josef musste sich sogar überwinden, dass er sich nicht vor der festgesetzten Zeit offenbarte. Schon bei der ersten Begegnung, als es den Brüdern langsam dämmerte, dass ihr Unglück etwas mit ihrem Bruder Josef zu tun hatte, musste sich Josef im Zaum halten. Er ging weg und weinte. Doch er blieb bei seiner Forderung, dass alle Brüder vollzählig versammelt sein müssen.

Jesus hat gesagt, dass sein Evangelium allen Nationen gepredigt und dann das Ende kommen wird (Matthäus 24,14). Jesus offenbart sich und kommt dann wieder auf die Erde zurück, wenn unter allen Völkern sein Evangelium gepredigt wird. Leider steht in der Bibel nicht, dass sich die Menschen in Scharen bekehren werden, sondern dass die Gottlosigkeit überhand nimmt und viele Christen verführt werden (Matthäus 24,11-12).

Gottes Ziel ist es aber, dass Menschen aus allen Nationen zu ihm finden. Denn vor seinem Thron werden einmal Menschen aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen stehen und ihrem Gott und Retter die Ehre geben (Offenbarung 7,9-10). Paulus spricht von einer Vollzahl der Nationen, die eingehen wird (Römer 11,25) und Johannes schreibt in der Offenbarung, dass eines Tages das Geheimnis Gottes vollendet sein wird und keine Frist mehr sein wird (Offenbarung 10,6-7). Wenn Gottes Ziel mit der Gemeinde erreicht ist, dann wird sich Jesus offenbaren.

Interessant ist, dass Benjamin als Einziger kein Halbbruder von Josef war. Einige sehen darin den Hinweis, dass gerade die heutigen messianischen Juden als leibliche und geistliche Verwandte von Jesus solche „Benjamins“ sind. Als messianische Gemeinden haben sie die Aufgabe, die zweite Wiederkunft von Jesus vorzubereiten. So wie es damals Johannes der Täufer getan hat, indem sie „dem Herrn ein zugerüstetes Volk bereiten“ (Lukas 1,17).

Er offenbart sich, als sie nur noch auf seine Barmherzigkeit setzen
Josef offenbart sich seinen Brüdern nicht sofort, damit durch diese spannungsvolle Situation ihr Herz verändert wird. So kommen sie ins Nachdenken und erkennen, dass sie schuldig geworden sind. Sie sehen auf einmal ihr Leben in einem neuen Licht. Juda fleht in der längsten Rede im ersten Buch Mose um Barmherzigkeit.

Das ist das, was Gott auch heute bei uns durch den Heiligen Geist bewirkt. Gott hält sich oft zurück und tut nicht immer was wir wünschen. Wen Gott liebt, den lässt er durch innere oder äußere Not gehen (Hebräer 12,4-11). Es ist gerade ein Ausdruck seiner Liebe, dass er uns unsere Grenzen aufzeigt, damit wir nicht auf unsere Kraft bauen, sondern die Gerechtigkeit allein aus Glauben entdecken (Römer 10,6). So dass wir Jesus als unseren Herrn bekennen und von ganzem Herzen glauben, dass er lebt und uns rettet (nach Römer 10,9).

Im jüdischen Volk Israel waren es immer nur wenige, die Jesus als ihren Messias angenommen haben. Obwohl im Alten Testament immer wieder verheißen war, dass das ganze Volk sich dem Messias zuwenden wird. Das hat in der Vergangenheit zu vielen Spekulationen geführt. Hat Gott etwa Israel als Volk verworfen und sich ein neues Volk aus den verschiedenen Nationen heraus berufen? So wie ich die Bibel verstehe, glaube ich nicht. Gott wird wieder ganz Israel annehmen.

Paulus sagt, dass die Juden zwar die gute Nachricht von Jesus in der ganzen damaligen Welt gehört hatten (Römer 10,18). Doch er weist darauf hin, dass schon bei Mose die Voraussage steht, dass Gott sein Volk über die unverständigen Nationen zur Eifersucht reizen und herausfordern will (Römer 10,19 / 5.Mose 32,21). Gott hat sein Volk immer gesucht (Römer 11,21) und er hat sie nicht verstoßen (Römer 11,1). Es hat auch immer an Jesus gläubige Juden gegeben (Römer 11,5), doch die Mehrheit des Volkes war ihm gegenüber ablehnend (Römer 11,7).

Wird das immer so bleiben? Paulus sagt nein. Das wird nur solange sein, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist (Römer 11,25). Das heißt, Gott wartet auf den Tag, bis entweder aus allen Völkern oder eine bestimmte Anzahl Menschen Nachfolger von Jesus  geworden sind. Dann wird sich Gott ganz Israel zuwenden, wie es schon im Alten Testament verheißen war (Römer 11.26). Dann wird er ihre Sünde wegnehmen (Römer 11,26) und es wird geschehen wie es im Jeremia 31,33-34 und Hebräerbrief 8,10-12 steht: 810 „Aber nach dieser Zeit werde ich mit dem Volk Israel einen neuen Bund schliessen. Und der wird so aussehen: Ich schreibe mein Gesetz in ihre Herzen, es soll ihr ganzes Denken und Handeln bestimmen. Ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein. 11 Niemand muss dann seinen Nächsten noch belehren, keiner braucht seinem Bruder zu sagen: Erkenne doch den Herrn! Denn alle – vom Kleinsten bist zum Grössten – werden erkennen, wer ich bin. 12 Ich will sie begnadigen, ihnen ihren Ungehorsam vergeben und nicht mehr an ihre Sünden denken“ (Hfa).

Wie wird das genau geschehen? Wir wissen es nicht. Wir können nur die verschiedenen Bibelstellen miteinander vergleichen und sagen, wie es nach der eigenen Erkenntnis aussehen könnte.

Paulus spricht nämlich auch von der Entrückung aller Gläubigen vor der Wiederkunft Jesu (1.Thessalonicher 4,17) und dass etwas weggenommen werden muss, was das Offenbarwerden der Gesetzlosigkeit hindert (2.Thessalonicher 2,7). Das könnte ein Hinweis sein, dass mit dem Eingehen der Vollzahl aus allen Nationen, die ganze Gemeinde zu Jesus entrückt wird. Dadurch könnte in Israel und unter den Juden geschehen, was in Sacharja 12,10 steht: „Aber  über das Haus Davids und über die Bürger Jerusalems will ich ausgießen den Geist der Gnade und des Gebets. Und sie werden mich ansehen, den sie durchbohrt haben, und sie werden klagen um ihn, wie man klagt um ein einziges Kind, und werden sich um ihn betrüben, wie man sich betrübt um den Erstgeborenen.“

Danach könnte das geschehen, was in Hebräer 8 beschrieben wird. Die Juden werden so von Gottes Geist erfüllt, dass sie niemanden mehr brauchen, der sie belehrt, weil sie alle den Herrn erkannt haben.

Deshalb ist die messianische Bewegung wichtig, damit die Entrückung nicht nur eine Sache der Heidenvölker ist. In Israel könnte dieses Ereignis Busse bewirken, in den Nationen Abfall und Auflehnung gegen alles Göttliche. So könnten auch der Konflikt und die großen Gerichte in der Offenbarung entstehen. So stelle ich es mir zur Zeit vor, wie alles geschehen könnte. Doch nur Gott weiß, wie und was genau geschieht. Aber auf jeden Fall ist klar: Nur dort wo die Schuld bekannt und der Name des Herrn angerufen wird, kann sich Jesus als Retter offenbaren (Römer 10,13).

Er offenbart sich als Retter
Josef offenbart sich seinen Brüdern nicht als Richter sondern als Retter. Wir alle würden es verstehen, wenn er wenigstens einige seiner Brüder zur Rechenschaft gezogen hätte. Doch Josef sieht die ganze Sache aus einer anderen Perspektive. Er sagt: „Gott hat mich vor euch her gesandt, um euch am Leben zu erhalten für eine große Rettung“ (nach 1.Mose 45,7).

Ist das nicht so, wie bei der Kreuzigung von Jesus? Die Juden verlangten die Kreuzigung, die Nationen boten Hand und schlugen Jesus ans Kreuz. Beide wollten sich Jesus vom Halse schaffen, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Motiven. Es war Gottes Plan, dass der Tod von Jesus nicht eine rein jüdische und auch nicht eine Angelegenheit der Völker war. Beide haben ihren Anteil am Tod Jesu. Der Teufel hätte die Menschen kaum zu dieser Tat angestiftet, hätte er gewusst, dass der Tod von Jesus seine eigene Niederlage bedeuten würde. Gott gebraucht sogar unsere menschlichen Fehlentscheide! Sogar das Böse muss letztlich Gott dienen.

Das darf uns getrost machen. Auch meine Fehlentscheide hindern Gott nicht, aus meinem Leben Segen entstehen zu lassen. Wichtig erscheint mir dabei nur, dass wir die Vergebung von Gott auch von ganzem Herzen annehmen. Josef hat seinen Brüdern vergeben. Doch später, als ihr Vater Jakob gestorben war, bekamen die Brüder erneut Angst. Doch Josef hatte ihnen vergeben. Das heißt, er wollte die Sache nicht mehr hervorholen. Als es dann seine Brüder machten, da weinte Josef (1.Mose 50,17). Es hat in zutiefst verletzt, dass seine Brüder ihm nicht vertrauten.

Genauso geht es Jesus, wenn wir mit unseren Verfehlungen Jo-Jo spielen und sie immer wieder hervorholen. Obwohl uns in 1.Johannes 1,9 gesagt ist: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, dann ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.“

Übrigens Josef hat nie über sich und seine Situation geweint, sondern immer nur über seine Brüder. So ist es auch bei Jesus. Er investiert sich ganz für uns. Er weint und ringt um uns, bis wir unsere Schuld eingestehen und wenn wir sie wieder hervorholen. Jesus ist unser Retter. Er nimmt unsere Schuld weg und trägt uns nichts nach. Er ist voll Liebe. Nichts schmerzt ihn so sehr, als wenn wir seinem Wort nicht vertrauen.

Jesus steht zu seinem Wort. Er will, dass alle Menschen sein Angebot der Liebe erfahren (Matthäus 24,14). Alle Menschen, die auf seine Barmherzigkeit setzen und seinen Namen anrufen, werden errettet (Römer 10,13). Und wem Jesus vergeben hat, dem ist die Schuld vergeben (1.Johannes 1,9).

Hanspeter Obrist, September 2017

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