Naqba – Katastrophe

Am 15. Mai ist wieder die Naqba (arab. Katastrophe). Das Symbol der Naqba ist der Schlüssel geworden, den die Vertriebenen von ihren Häusern in der Hoffnung mitgenommen hatten, um eines Tages wieder in ihre Häuser zurückzukehren.

Hunderte Palästinenser haben am Montag 15.5.23 mit Demonstrationen und Märschen im Westjordanland an den Verlust ihrer Heimat mit Israels Staatsgründung vor 75 Jahren erinnert. Zahlreiche Menschen legten ihre Arbeit nieder, um an der jährlichen Hauptkundgebung in der palästinensischen Stadt Ramallah teilzunehmen. Mit palästinensischen Flaggen, Schildern und Musik zogen sie durch die Strassen. Erstmals wird in diesem Jahr auch bei den Vereinten Nationen in New York im Rahmen einer hochrangig besetzten Veranstaltung an die Nakba erinnert. Dabei war auch eine Rede des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas geplant.

PA-Präsident Abu Mazen fleht in seiner Rede vor der UN-Versammlungdie internationale Gemeinschaft an, ihren Schutz auf das palästinensische Volk auszuweiten: „Beschützt uns, beschützt uns, beschützt uns.“ Der palästinensische Präsident betonte in einer Analogie, dass man, so wie man sein geliebtes Haustier beschützt, auch die Rechte und das Wohlergehen des palästinensischen Volkes schützen sollte. Hamas-Aktivisten griffen den Anführer der Fatah-Bewegung in den sozialen Medien an, weil er in seiner Rede die Palästinenser mit Tieren verglich und das palästinensische Volk vor der ganzen Welt in einer defätistischen Haltung (Zustand der Mutlosigkeit, Schwäche, Überzeugung, militärisch geschlagen zu werden) vertrat: „Beschützt uns.“

Als Nakba oder an-Nakba, deutsch Katastrophe oder Unglück, wird im arabischen Sprachgebrauch die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern aus dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina bezeichnet. Die Gründe, die zur Flucht von rund der Hälfte der arabischen Bevölkerung des westlichen britischen Mandatsgebietes Palästina führten, sind umstritten.

Juden feiern den Unabhängigkeitstag nach dem jüdischen Kalender am 5. Jiar. Die restliche Welt sieht den 14. Mai als den jüdischen Unabhängigkeitstag an. Für die Palästinenser ist der Unabhängigkeitstag eine «Naqba», Katastrophe, deren sie am 15. Mai jährlich gedenken.

Am 22. Kislev  des Jahres begeht man in Israel den nationalen Gedenktag zur Vertreibung von Menschen aus ihren Häusern, ihren landwirtschaftlichen und sonstigen Betrieben, ihren Firmen, ihrer Umgebung, ihrem Heimatland. Still, ohne Tamtam und vor allem ohne internationales Aufheben, ohne Massendemonstrationen und Gejammer. Man gedenkt der Vertreibung der Juden aus den arabischen und muslimischen Ländern.

In einem Zeitraum von etwa drei Jahrzehnten, zwischen den 1940-ern und 1970-er Jahren, wurden ca. 850.000 Juden quer durch den Mittleren Osten und Nordafrika aus ihrer Heimat vertrieben, darunter Länder wie Irak, Syrien, Ägypten, Libanon, Jemen, Lybien, Algerien und Iran.

Blühende jüdische Gemeinden, teilweise Jahrhunderte alt, wurden in diesem Zeitraum ausgelöscht. Juden wurden inhaftiert, weil sie Juden waren, Besitztümer wurden beschlagnahmt oder verbrannt, und es wurden drakonische antijüdische Gesetze erlassen.

Experten haben inzwischen festgestellt, dass der jüdische Exodus aus den arabischen Ländern jenen bei weitem übertrifft, der in der arabischen Welt als Naqba – also als große Katastrophe – bezeichnet wird, womit eigentlich die Gründung des Staates Israel gemeint ist.

Das gilt sowohl für die Anzahl der Vertriebenen als auch für deren Verlust an Eigentum, der inzwischen mit mehr als 350 Milliarden US-Dollar beziffert wird.   mehr Informationen

Die Jewish Virtual Library, ein Projekt der American Israel Coorperative, erstellte zum Dezember 2015 eine Liste der Anzahl jüdischer Einwohner in arabischen Ländern. Eine ähnliche Liste erstellte auch das Jerusalem Center for Public Affairs. Die Zahlen aus beiden Listen stellen sich insgesamt wie folgt dar:

Von einigen Wissenschaftlern wird die Nakba als ethnische Säuberung dargestellt. Der kanadische Menschenrechtsanwalt David Matas weist diese Einordnung zurück, da angesichts des erheblichen Anteils von Arabern an der israelischen Bevölkerung von einer „Säuberung“ keine Rede sein könne; die, die gegangen seien, seien vor dem Krieg geflohen; zudem habe ja der UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 ethnisch getrennte Siedlungsgebiete vorgesehen.

Die jüdische Gemeinschaft rief am 14. Mai 1948 gemäß dem UN-Beschluss den Staat Israel aus. Die umliegenden arabischen Staaten reagierten mit einem Angriff auf die Staatsgründung. Erst vier Monate nach Kriegsbeginn reagierten die Palästinenser im September 1948 mit der Ausrufung einer gesamtpalästinensischen Regierung („Hukumat Umum Filastin“) in Gaza. Diese erhob Anspruch auf das gesamte ehemalige britische Mandatsgebiet Palästina. Allerdings fand diese gesamtpalästinensische Regierung, deren Sitz nach kurzer Zeit nach Kairo verlegt wurde, keine internationale Anerkennung und löste sich bereits 1952 wieder auf.

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