Rabbiner gewinnen Jesus immer mehr etwas Positives ab

Am 3. Dezember 2015 wurde ein Statement über den christlichen Glauben von orthodoxen Rabbinern veröffentlicht. Mittlerweile haben dieses schon 58 Rabbiner unterzeichnet.

Dieser Aufruf der Rabbiner, Christen als Brüder und Schwestern zu umarmen, ist ein kleines Wunder, wenn auch mit Vorbehalten.

In Punkt 2 des Statements wird erwähnt, dass sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die offizielle Lehre über das Judentum innerhalb der Katholischen Kirche fundamental verändert hat. Die Schrift Nostra Aetate hat einen Prozess der Versöhnung ausgelöst, indem alle Formen von Antisemitismus verworfen wurden und die katholische Kirche anerkennt, dass der ewige Bund Gottes mit Israel immer noch Bestand hat. Papst Johannes Paul II. nannte die Juden „unsere älteren Brüder“ und Papst Benedict XVI „unsere Väter im Glauben“.

In Punkt 3 heißt es, dass Christentum sei weder ein Unfall noch ein Irrtum, sondern eine göttliche Gabe und ein Geschenk für die Nationen. Rabbi Jacob Emden äußerte: „Jesus brachte eine doppelte Göttlichkeit in die Welt. Auf der einen Seite stärkte er die Gesetze von Moses majestätisch … und auf der anderen Seite entfernte er Götzen von den Nationen und hielt sie an, die sieben Gesetze Noahs zu halten, so dass sie sich nicht mehr wie Tiere auf dem Feld verhalten, indem er ihnen moralische Werte gab“. Auch Rabbi Samson Raphael Hirsch sagte, man sei sich bewusst, dass die Christen die jüdische Bibel (AT) als göttliche Offenbarung akzeptieren. Nach Rabbi Shear Yashuv Cohen sind die Christen nicht länger Feinde der Juden, sondern ungleiche Partner, welche die wichtigen moralischen Werte für das Überleben der Menschheit benennen.

In Punkt 4 steht, man können Christen nun im zwischenmenschlichen Verhältnis auf der gleichen Stufe wie die Juden sehen. In der Vergangenheit hatte man das Verhältnis zwischen Christen und Juden oft wie das von Esau und Jakob verstanden.
Die Bezeichnung „älterer Bruder“ führt immer wieder zu Missverständnissen. Interpretieren Christen ihn durch die Geschichte vom barmherzigen Vater und seinen zwei Söhnen (Luk. 15), so verstehen Juden ihn durch die Geschichte von Esau und Jakob. Dabei ist Esau der ältere Sohn ohne Verheissung, während auf Jakob der Segen Gottes ruht.

Punkt 5 sagt: Wir haben mehr, was uns vereint, als was uns trennt.

In Punkt 6 heißt es: Wir glauben, dass Gott viele Botschafter hat, um seine Wahrheit zu offenbaren. Im Judentum kennt man den universalen Bund Noahs.
Nicht vergessen werden darf auch, dass sich das Judentum auf ein irdisches Leben konzentriert und auf eine Auferstehung für die jüdischen Seelen im kommenden Friedensreich auf dieser Erde hofft. Das Konzept einer nichtirdischen Ewigkeit ist nicht Zentrum jüdischen Denkens.

Hier kann man den Originaltext lesen: Zum englischen Statement

Spannend ist die Aussage, dass Jesus die von Mose verfasste Thora stärkt. Religiöse Juden haben Jesus von Anfang an abgelehnt, da er ihrer Meinung nach nicht der Thora folgte und deswegen nicht der lang erwartete Messias sein konnte. Mit der Aussage, Jesus bestätige die Thora, wird Jesus als der Rabbi für die Nationen wieder im Judentum eingegliedert. Hier ist dann aber auch der entscheidende Punkt zu finden, der den großen Unterschied zum christlichen Glauben ausmacht: Jesus wird von den Rabbinern nicht, wie er sich selbst verstanden hat, als der verheißene jüdische Messias anerkannt, sondern nur als Rabbi (geistlicher Lehrer) für die Nichtjuden angesehen.

Immerhin kommen Christen nun auf dem Level des jüdischen Menschenverständnisses an. Nach jüdischer Auffassung gelten für Nichtjuden andere Bestimmungen als für das jüdische Volk. Doch die zwischenmenschliche Feindseligkeit soll nun endlich begraben werden.

Im rabbinischen Judentum entstand die Ansicht, dass Nichtjuden nur zum „Bund Noahs“ angehalten werden müssen. So schreibt Rabbiner Chajim HaLevy Donin im Buch „Jüdisches Leben“: „Wir glauben, dass alle Nationen und Völker dieser Welt ihren göttlichen Zweck zu erfüllen und die ihnen zugedachte Aufgabe zu vollbringen haben, denn Gott ist der Gott der ganzen Welt, nicht nur der des Judentums. Gleichzeitig sehen wir in der uns von Gott zugewiesenen Aufgabe etwas Einzigartiges, wovon die Geschichte selbst zeugt. Sie bringt einen besonderen Lebenszweck mit sich, den Grund für unsere Existenz. Dieser Zweck besteht nicht darin, aus aller Welt Juden zu machen, sondern die Völker der Welt, ganz gleich welchen Glaubens, zur Anerkennung von Gottes Souveränität zu bringen und die uns durch ihn offenbarten, grundlegenden Werte zu übernehmen. Dadurch wird der Segen ‚auf alle Familien der Erde‘ (Gen. 12,3) kommen“ (S. 12).

Schon im Matthäusevangelium gibt es einen Hinweis darauf, dass die Pharisäer umherzogen, um Menschen für das Judentum zu gewinnen (Mt. 23,15).

Dennis Prager und Joseph Telushkin beschreiben in ihrem Buch „Judentum heute“ eine ähnliche Ansicht. Ihrer Meinung nach gelten die religiösen Gebote nur für Juden, während Nichtjuden nicht an die Gesetze gebunden sind, die das Verhältnis zwischen den Menschen und Gott betreffen. Einzig die Regeln, die das Zusammenleben der Menschen ordnen, sind auf alle Völker anwendbar.“ (S. 75).

Die gleiche Meinung vertrat der Rabbiner Menachem Mendel Schneerson, der die Chabad-Bewegung gründete. Mitglieder dieser Bewegung haben ein sehr starkes Sendungsbewusstsein und missionieren weltweit. An Nichtjuden geben sie die sieben Gesetze Noahs weiter, die auf einer universalen Moralvorstellung basieren. Diese sind:
1. Es gibt einen Gott
2. Gottes Namen soll man nicht missbrauchen
3. Man soll nicht morden
4. Man soll keine unmoralischen sexuellen Handlungen eingehen
5. Man soll nicht stehlen
6. Man soll ein Gerichtssystem aufbauen
7. Man soll kein Fleisch von lebenden Tieren essen

Diese 7 Gesetze haben die Grundlage im Babylonischen Talmud, Traktat Sanhedrin 56a (Talmud Bawli Entstehung zwischen ca. 200 -1520 n.  Chr.).

Jesus hat mit dem Neuen Bund (nach Jer. 31,31 und Luk. 22,20) einen anderen Schwerpunkt gelegt. Er wirbt für eine ewige Gemeinschaft mit Gott für alle Menschen. Keiner hat in einer solchen Deutlichkeit von der ewigen Gemeinschaft und Trennung von Gott gesprochen. Auch heute gilt dieses Angebot von Jesus für Juden und Nichtjuden, dass jeder, der ihn in sein Leben aufnimmt, ewiges Leben empfängt (1. Joh. 1,2-3; Joh. 3,15-16). Jesus sagte: „Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh. 11,25).

Text: Hanspeter Obrist

2 Gedanken zu „Rabbiner gewinnen Jesus immer mehr etwas Positives ab“

  1. Das ist wunderbar!
    53 Rabbiner ist zwar noch nicht sehr viel, aber ermutigend.
    Auch die Kirche – und sie bewegt sich doch !! – scheint langsam zu erwachen. Nicht nur Päpste, sondern immer mehr Christen wie du und ich scheinen sich Gedanken über Israel zu machen. Und der Islam hilft dabei!

  2. Gottes Wort ist wirksam & lebendig…sein Wort trifft ein.

    Römer 11. Kapitel
    11 Ich frage nun: Sind sie denn gestrauchelt, damit sie fallen sollten? Das sei ferne! Sondern durch ihren Fall wurde das Heil den Heiden zuteil, um sie zur Eifersucht zu reizen. 12 Wenn aber ihr Fall der Reichtum der Welt und ihr Verlust der Reichtum der Heiden geworden ist, wie viel mehr ihre Fülle!

    Eheser 2, 14…
    14 Denn Er ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht und die Scheidewand des Zaunes abgebrochen hat,
    15 indem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, hinwegtat, um die zwei in sich selbst zu einem neuen Menschen zu schaffen und Frieden zu stiften, 16 und um die beiden in einem Leib mit Gott zu versöhnen durch das Kreuz, nachdem er durch dasselbe die Feindschaft getötet hatte.

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