Der Mensch erklärt seine Unabhängigkeit von Gott

Gott hat den Menschen als sein Gegenüber und Repräsentant auf dieser Erde erschaffen. Damit haben wir uns im Impuls „Jeder Mensch ist ein Gedanke Gottes“ auseinandergesetzt.

Wir haben die Fähigkeit, göttliche Realität wahrzunehmen. Gottes Atem ist in uns (1.Mose 2,7). Paulus schreibt in Römer 1,20: Sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrgenommen“.

Im Unterschied zu den Tieren kann der Mensch auch außerhalb seiner eigenen Wahrnehmung aus den Erfahrungen anderer lernen, konstruktiv denken und eigenständige Entscheidungen treffen.

Eines Tages stellte der Mensch Gottes Liebe und Wohlwollen in Frage. Er zweifelte daran, dass Gott es gut mit ihm meint und die Anweisung, von einem Baum nicht zu essen, zu seinem Besten ist.

Der Mensch wollte nicht mehr von Gott abhängig sein, sondern selbst entscheiden, was gut für ihn ist.

Viele Probleme mit Gott haben auch heute mit diesem Punkt zu tun. Wir zweifeln immer wieder an der Güte Gottes und das blockiert unsere Beziehung zu Gott.

Wir wollen nun in eine Geschichte schauen, welche uns ein Spiegel ist. Es geht weniger um die Details als um den Inhalt, bei dem wir merken, die Zerrüttung unserer Beziehung mit Gott hat seinen Grund nicht bei anderen, sondern bei uns selbst. 

In 1.Mose 3,1-24 wird uns folgendes erzählt: „Die Schlange … sprach zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Von allen Bäumen des Gartens dürft ihr nicht essen?“

Wie auch immer die zweifelnden Gedanken in uns zustande kommen, sie haben ähnliche Muster. Hat Gott wirklich gesagt …? Und dann verdreht man alles geschickt. Gottes aufopfernde Liebe wird ins Absurde gewendet, sein Angebot der Versöhnung als Drohung dargestellt und biblische Berichte ins Lächerliche gezogen.

Eva stellt richtig fest: „2 Von den Früchten der Bäume des Gartens essen wir; 3 aber von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Ihr sollt nicht davon essen und sollt sie nicht berühren, damit ihr nicht sterbt!“

Gott stellt den Menschen vor die Wahl. Es gibt in Eden den Baum des Lebens (1.Mose 2,17) und den Baum des Todes (1.Mose 2,9). Der Baum des Lebens nährt sich aus der engen Verbindung mit Gott, der lebendigen Quelle. Der Weg des Todes ist die Entscheidung, sich nicht an Gottes Weisung zu halten.

„4 Da sagte die Schlange zur Frau: Keineswegs werdet ihr sterben! 5 Sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.“

Nun kommt das Argument: „Gott lässt euch nicht sterben. Alles ist vielmehr, um euch einzuschüchtern.  Er hat Angst, ihr könntet euch selbst verwirklichen und nicht mehr von ihm abhängig sein.“ Das tönt doch ganz gut. So heißt es weiter:

„6 Und die Frau sah, dass der Baum gut zur Nahrung und dass er eine Lust für die Augen und dass der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Mann bei ihr, und er aß. 7 Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren; und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.“

Der Mensch hat angebissen und das „Argument gegessen“. Der Same des Zweifels hat Früchte getragen. Nachdem der Mensch selbst bestimmt hat, was gut für ihn ist, erkennt er plötzlich, dass er bloß und aufgedeckt vor Gott dasteht. Er sieht, dass er ohne Gott auf verlorenem Posten steht und alles sinnlos wird. Das kindliche Vertrauen in Gott ist weg. Der Mensch ist nun damit beschäftigt zu verbergen und zuzudecken.

„8 Und sie hörten die Stimme des HERRN, Gottes, der im Garten wandelte bei der Kühle des Tages. Da versteckten sich der Mensch und seine Frau vor dem Angesicht des HERRN, Gottes, mitten zwischen den Bäumen des Gartens. 9 Und der HERR, Gott, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? 10 Da sagte er: Ich hörte deine Stimme im Garten, und ich fürchtete mich, weil ich nackt bin, und ich versteckte mich.“

Der Mensch weicht Gott aus (1.Mose 3,8). Nicht Gott hat sich vom Menschen zurückgezogen. Der Mensch hat Angst, Gott zu begegnen, und er ignoriert Gott. Doch Gott sucht den Menschen. Wenn der Mensch selbst bestimmt, was gut für ihn ist, beginnt er Gott zu misstrauen. Fehlt das Urvertrauen in Gott, wird die Beziehung zerrüttet. Die Idee, alles besser zu wissen, und das mangelnde Vertrauen in Gottes Liebe und Güte, entfernen uns immer weiter von Gott. Anstatt Gott zugewandt zu leben, lebt der Mensch von Gott abgewandt (Jeremia 32,33). Er versteckt sich vor Gott (1.Mose 3,8).

„11 Und er (Gott) sprach: Wer hat dir erzählt, dass du nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, du solltest nicht davon essen? 12 Da sagte der Mensch: Die Frau, die du mir zur Seite gegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß. 13 Und der HERR, Gott, sprach zur Frau: Was hast du da getan! Und die Frau sagte: Die Schlange hat mich getäuscht, da aß ich.“

Gott gibt dem Menschen mit seiner Frage die Möglichkeit, seine Verfehlung zu bekennen. Doch anstatt auf Gott zuzugehen und ihm die Not zu sagen und mit seiner Hilfe einen neuen Weg zu beschreiten, dreht der Mensch den Spieß um und schiebt Gott und seinen Mitmenschen die Schuld zu. Nun offenbart sich die Wesensveränderung. Die Konsequenzen lesen wir in Vers 19: Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Erdboden, denn von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren!“

Die Schöpfung ordnet sich dem Menschen nun nicht mehr unter, sondern stellt sich ihm entgegen. So muss der Mensch von nun an sein Brot im Schweiße seines Angesichts essen und ist in den Kampf ums Überleben verstrickt. Genau das hat Gott vorausgesagt, als er davon sprach, dass der Mensch sterben wird, wenn er selbst bestimmt, was für ihn gut und böse ist. Dem Menschen fehlt die lebensspende Verbindung zur Quelle des Lebens. Er nimmt Gott nicht mehr direkt wahr (Vers 23 und 24). Ohne Anschluss an die lebendige Quelle geht unsere Batterie langsam aus.

Trotzdem gibt Gott die Menschen nicht auf. Er gibt dem Menschen eine neue Chance. Er verspricht, dass das Böse eines Tages besiegt wird.

14 Und der HERR, Gott, sprach zur Schlange: …15 ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachwuchs und ihrem Nachwuchs; er wird dir den Kopf zermalmen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen.

Hier wird verheißen, dass ein Mensch (ein Nachkomme der Frau) das Böse besiegen wird (er wird der Schlange den Kopf zertreten), jedoch dabei verletzt werden (sie wird ihn in die Ferse stechen).

Die Schlange hat den Menschen den Kopf verdreht. Nun soll der Kopf der Rebellion durch einen Menschen getroffen werden. Ein Mensch soll den Untergang des Teufels herbeiführen.

Schon Irenäus von Lyon (135–202) bezieht diese Aussage auf Jesus und Maria: „Er wurde von Maria geboren“ (Irenäus: Adversus Hereses, Buch III Kap. 23, 7. 21 bzw. V Kap. 21, 1.22).

Die Schlange ist in diesem Kontext zuerst einmal der rebellierende Engel Luzifer (Jesaja 14,12). Aus Offenbarung 12,9 wissen wir, dass die Schlange den Teufel repräsentiert. Dort heißt es: „Es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, der Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt, auf die Erde“.

Die Nachkommenschaft der Schlange ist dabei im geistigen Sinn zu verstehen. Der Teufel hat keine leiblichen Nachkommen, aber er hat geistige Nachfahren. Damit sind Menschen und Engel gemeint, die von ihm zur Rebellion gegen Gott angesteckt werden. So sagte Jesus einmal: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun“ (Johannes 8,44). Und in Matthäus 13,41 sagt er: „Der Menschensohn wird seine Engel schicken, damit sie alle aus seinem Reich aussondern, die andere zur Sünde verführt und sich gegen Gottes Gebote aufgelehnt haben“.

Genauso könnte man auch die Nachkommen der Frau als geistige Nachkommen sehen. Doch das ergibt keinen Sinn, da sich die Frau vom Teufel hat vereinnahmen lassen und so ein Kind der Rebellion geworden ist. Geistlich gesehen steht sie auf der gleichen Seite wie die Schlange. Der logische Sinn ist daher, dass ein Nachkomme der Frau alle Nachkommen der Rebellion überwinden wird, indem der Kopf der Bewegung vernichtet wird. Gerade ein Mensch, den der Teufel soeben zu Fall gebracht hat, soll ihn zu Fall bringen. Die einzige Person in der Bibel, die am Fuß verletzt wird, ist Jesus am Kreuz.

Gott offenbart hier das Protoevangelium, die erste Erwähnung der „guten Nachricht“. Er führt es ihnen in Vers 21 sogar bildlich vor Augen: „Und der HERR, Gott, machte Adam und seiner Frau Leibröcke aus Fell und bekleidete sie.“

In seiner Not wird der Mensch von Gott nicht allein gelassen, sondern erhält ein göttliches Kleid, das seine Verfehlungen bedeckt. Gott nimmt dazu ein Fell. Durch den Tod eines unschuldigen Tieres, den ersten Tod überhaupt in der Bibel, wird das Unheil und die schreckliche Realität der Sünde, der Zielverfehlung und der Auflehnung gegen Gottes Schöpfungsordnung, deutlich.

Zum ersten Mal erlebt der Mensch den Tod. Er sieht die Konsequenz seines Tuns. Im Anerkennen des Todesurteils und in der Annahme der Lösung Gottes lebt der Mensch. Dies ist ein Bild für das göttliche Lamm, das sein Leben hingibt, um uns ein neues Leben mit Gott zu ermöglichen. Johannes der Täufer sagt von Jesus: „Siehe, das Lamm Gottes!“ (Joh. 1,36). Das Kreuz Jesu ist der Baum des Lebens.

Was will uns dieser Bericht sagen? Der Zweifel, ob Gott es wirklich gut mit uns meint, blockiert unsere Beziehung zu ihm. Anstatt ihm unsere Not zu sagen und ihm die Art und Weise der Antwort zu überlassen, laufen wir Gefahr, Gott unsere Vorstellungen zu präsentieren. Dadurch kommt zum Vorschein, was wir wirklich denken: „Ich weiß es selbst besser.“

Der Sündenfall ist nicht eine ferne Geschichte, sondern hat sich in unserem Leben schon zigfach wiederholt. Das mangelnde Vertrauen, dass es Gott gut mit uns meint, lässt uns in die falsche Richtung laufen. Gottes Angebot der Versöhnung durch Jesus ist der Weg zurück in die Gemeinschaft mit Gott. Mit Gottes Hilfe erhält unser Leben ein neues Fundament, auf dem wir ein gelingendes Leben aufbauen können.

Text: Hanspeter Obrist, Juni 2025

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