1700 Jahre Konzil von Nizäa

Zum Jubiläumsjahr 2025

Als sich im Jahr 325 Bischöfe aus der ganzen christlichen Welt in der kleinen Stadt Nizäa versammelten, musste ein gemeinsamer Nenner gefunden werden. Seit 311 war das Christentum eine erlaubte Religion.

Vor 1700 Jahren fand das Konzil von Nizäa statt, das erste ökumenische Konzil. Von Mai bis Ende Juli im Jahr 325 versammelten sich 318 Bischöfe in der Sommerresidenz des römischen Kaisers in Nizäa, dem heutigen İznik in der Türkei, etwa 145 Kilometer südlich von Istanbul. Einberufen wurde das Konzil vom römischen Kaiser Konstantin, der von 306 bis 337 regierte.

Mit Konstantin wurde das Christentum im Römischen Reich nicht nur eine tolerierte Religion, sondern voll anerkannt. Nach der Gewährung der Religionsfreiheit im Jahr 313 breitete sich der christliche Glaube im Römischen Reich noch schneller aus.

Zunehmend entwickelten sich unterschiedliche Auffassungen darüber, was man als Christ glaubt.

Das Konzil von Nizäa ist das erste von insgesamt sieben von Christen allgemein anerkannten ökumenischen Konzile, die zwischen dem 4. und 8. Jahrhundert stattfanden und die Grundlagen des Glaubens definierten.

Wer begegnet uns in Jesus? Ist Christus ein Freund, ein Weisheitslehrer oder begegnet uns in ihm Gott? Diese Fragen haben die Menschen seit dem 1. Jahrhundert beschäftigt.

Im Jahr 324 eroberte der Kaiser auch die Osthälfte des Römischen Reiches. Die Jesusnachfolger wurden als jüdische Gruppe – wie alle anderen Religionen – im Rahmen des Gesetzes „ius gentium“ respektiert, solange sie nicht gegen die öffentliche Ordnung verstießen oder ihre Loyalität gegenüber Rom aufgaben.

Da sich einige Juden deutlich von den Jesusgläubigen distanzierten und umgekehrt, wurden die Christen zunehmend als eigenständige Gruppe wahrgenommen.

Konstantin verhielt sich wie ein Chamäleon. Er zeigte sich den Apollo-Anhängern als Anhänger von Apollo, den Sonnenverehrern als Sonnenverehrer und den Christen als Christ. Das war seine Religionspolitik.

In dem Moment, in dem Konstantin das Christentum tolerierte, machte er daraus eine Religion im antiken Sinne, mit einem Tempel (Kirche) und Kult (Liturgie). Über die Kirche wurden die Bürger registriert und zivilrechtlich organisiert. Theodosius I. machte dann im Jahr 380 das Christentum zur Staatsreligion.

Um zu klären, was die Christen glauben, berief Konstantin ein Konzil ein. Zu diesem Konzil lud er alle 1800 Bischöfe der damaligen christlichen Bewegung ein, das waren etwa 1000 im griechischen und 800 im lateinischen Sprachraum. Der Einladung folgten 200–300 der Bischöfe und Kleriker, vor allem aus dem griechischen Ost-Reich.

Die Versammlung verfolgte zwei Hauptziele: Zum einen beschäftigte sie sich mit der Gottheit Jesu Christi, die Arius von Alexandria bestritt. Arius lehrte, dass nur Gott-Vater Gott sei, während Jesus ein von ihm geschaffenes Wesen sei. Es ging also um die Vereinbarkeit des Glaubens an den einen Gott (Monotheismus) mit den christlichen Bezeichnungen Vater, Sohn und Heiliger Geist. Als Antwort formulierte das Konzil von Nizäa ein christliches Glaubensbekenntnis. Paradoxerweise wird Kaiser Konstantin selbst später zu einer anderen Position tendieren, nämlich der arianischen. Es war ein arianischer Bischof, der Konstantin auf dem Totenbett getauft hat.

Zum anderen beschäftigte sich das Konzil auch mit der Frage des Osterdatums, da die verschiedenen christlichen Gemeinschaften die Auferstehung Jesu Christi an unterschiedlichen Tagen feierten. In der Lebensbeschreibung des Eusebius über Konstantin heißt es, dass ein Teil der Gläubigen, die sich noch vor Ostern befanden, „sich mit Fasten und Entbehrungen plagte, während die anderen ihre Zeit bereits der festlichen Entspannung widmeten“ (Vita Constantini 3,5,2). Eine solche Situation machte in den Augen Konstantins einen Bruch innerhalb der Kirche öffentlich sichtbar. In der Zeit nach dem Konzil wurde die Osterfeier nicht mehr am Tag des jüdischen Pessachfestes, dem 14. Nisan, gefeiert.

Die heutigen unterschiedlichen christlichen Osterfesttermine haben dagegen einen anderen Grund, nämlich die Einführung des Gregorianischen Kalenders im Jahr 1582, die von verschiedenen östlichen Konfessionen nicht mitgetragen wurde. Im Jubiläumsjahr 2025 sind die Daten weltweit zu einem gemeinsamen Osterdatum vereint, da sich die zwei Regeln treffen. Das Osterdatum ist der erste Sonntag nach dem ersten Frühlingvollmond und muss nach Pessach liegen. Der Frühlingsanfang wird im Julianischen Kalender 13 Tage später berechnet als im Gregorianischen Kalender. Der maximale Unterschied zwischen Osterdaten der westlichen und der östlichen Kirche kann bis zu fünf Wochen betragen. Papst Franziskus sprach sich im Juni 2015 bei einem Weltpriestertreffen in Rom für einen festen gemeinsamen Ostertermin mit den orthodoxen Kirchen aus, etwa am zweiten Sonntag im April.

Beim Konzil wollte man sich von der Abhängigkeit vom jüdischen Passahfest lösen und nicht warten, bis klar wurde, ob die Juden einen zusätzlichen Monat einlegen, der sich an der Gerstenernte in Israel orientierte, um die Differenz zwischen Mond- und Sonnenkalender auszugleichen.

Das Konzil von Nizäa formulierte ein Glaubensbekenntnis, das die ganze Christenheit anerkennt. Es heißt:

Wir glauben an einen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren.

Und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott; gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist; der für uns Menschen und wegen unseres Heils herabgestiegen und Fleisch geworden ist, Mensch geworden ist, gelitten hat und am dritten Tage auferstanden ist und aufgestiegen ist zum Himmel, und wird wiederkommen, um die Lebenden und die Toten zu richten;

Und an den Heiligen Geist.

Hat das heute noch eine Bedeutung?

Ja, denn die Frage wer Jesus ist, ist neu aufgeflammt. Martin Benz, ein populärer Theologe und Publizist aus Lörrach, ist inspiriert von einem Glaubensbekenntnis, in dem über Jesus steht: „Wir glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes. Seinem Beispiel von radikaler Liebe und Gerechtigkeit möchten wir folgen.“

Jesus gibt uns nur ein Beispiel. Sein Menschsein hat aus seiner Sicht nichts mit unserem Heil zu tun. Martin Benz glaubt auch, dass Jesus verheiratet war und das Kreuz nicht heilsnotwendig ist.

Andere stellen in Frage, ob die Berichte über Jesus überhaupt historisch sind. Professor Gerd Lüdemann, ein deutscher evangelischer Theologe, behauptet, dass nur etwa fünf Prozent der Jesus zugeschriebenen Taten und Worte tatsächlich ihm zugeschrieben werden können. Er spricht von den echten und unechten Jesusworten. Dabei reflektiert er mehr sein Wunschbild von Jesus als historische Fakten.

Vom 3. bis 5. Jahrhundert setzte man sich mit dem Wesen Jesu Christi auseinander. Die Arianer behaupteten, Jesus sei ein menschliches Geschöpf wie wir, wenn auch in vollkommener Form. Gott aber sei nur jenseitig und man dürfe sein Gottsein nicht mit dem Geschöpflichen vermischen. Diese Aussage wird heute auch wieder hervorgeholt.

Zuvor hatte die „Gnosis“ im 2. Jahrhundert behauptet, Jesus habe keinen wirklichen Körper gehabt, deshalb habe er nicht leiden und sterben können. Das Göttliche sei ohnehin unsichtbar und vermische sich nicht mit dem Irdischen. „Jesus“ sei nur zeitweise in „Menschen Jesus“ wirksam gewesen.

Schon im ersten Jahrhundert wurde darüber diskutiert, wer Jesus ist. Es fällt auf, dass wir von Jesus kein eigentliches Glaubensstatement haben. Oder hat er uns trotzdem eines weitergegeben?

Als Jesus seine Jünger fragte, für wen man ihn halte, erzählten sie von den gängigen Meinungen über ihn. Auf die Frage, für wen die Jünger ihn hielten, antwortet Petrus: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ (Matthäus 16,16)

Marta bekennt in Johannes 11,27: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“

Damit sagen Petrus und Marta: Jesus, du bist der verheißene Retter von Gott. In Daniel 7,13-14 heißt es: Mit den Wolken des Himmels kam einer wie der Sohn eines Menschen. …14 Ihm wurde Herrschaft und Ehre und Königtum gegeben, und alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergeht, und sein Königtum so, dass es nicht zerstört wird.“

Von Gott her kommt einer als Mensch und alle beten ihn an. Das „dienen“ in Vers 14 bedeutet anbeten. Jesus hat sich selbst immer als der Sohn des Menschen oder Menschensohn bezeichnet (vgl. Johannes 1,51). Wenn wir sagen, dass wir an Jesus Christus glauben, meint man damit: Wir glauben an Jesus, den in den jüdischen Schriften verheißenen, von Gott ausgehenden König und Retter.

In Lukas 4,41 sagen sogar die Dämonen: „Du bist der Sohn Gottes. Und er bedrohte sie und ließ sie nicht reden, weil sie wussten, dass er der Christus war.

Ein eigentliches Glaubensbekenntnis ist auch das „Vaterunser“. Wir bringen zum Ausdruck, wer der himmlische Vater ist. Dass sein Reich kommen und sein Wille geschehen soll. Dass er für uns sorgt und uns unsere Verfehlungen vergibt, wenn wir uns von ihm verändern lassen.

Wer also ist Jesus?

Am Anfang der Diskussion stand die Frage: Ist er der von Gott in der Heiligen Schrift angekündigte Messias oder nicht? Die Gegner behaupteten, ein „wahrer“ Messias müsse sich anders geben und handeln. Er sollte die neuen jüdischen Gebote (Schabbat) akzeptieren. In der folgenden Sache aber war man sich einig: Der Messias wird eines Tages kommen und er wird aus Fleisch und Blut sein.

Dem Konzil von Nizäa wird immer wieder vorgeworfen, es habe griechisch-philosophisches Gedankengut in das biblische Christentum „importiert“. Mehr noch: Es sei ein Transfer vom jüdischen Gottesbild zu den religionsphilosophischen Spekulationen der griechischen Antike. Dabei ist es gerade umgekehrt: Das antike griechische und platonische Denken war unfähig, die Göttlichkeit des Menschen Jesus zu begreifen. Deshalb entstanden diese alternativen „Christologien“, die Jesus mit dem philosophischen Denken der Antike in Einklang bringen wollten. Für das antike Denken der Griechen war es unmöglich, die Menschlichkeit und die Göttlichkeit Jesu zusammen zu sehen. Sie betrachteten es als eine Beeinträchtigung Gottes, wenn er in menschlicher Gestalt auftrat.

In der jüdischen Bibel erscheint Gott Abraham als Mensch (1.Mose 18). Jesaja spricht von der Geburt eines Kindes mit göttlichen Eigenschaften. In Jesaja 9,5 heißt es: „Ein Kind ist uns geboren … man nennt seinen Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens.“

Ein Vers aus dem Neuen Testament bringt es auf den Punkt: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Einzigen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Johannes 1,14). Das bedeutet Inkarnation – Menschwerdung (wörtlich: Fleischwerdung) Gottes. Wer das wegnehmen will, verliert die Pointe des Christentums. Gott ist eins aber nicht einer. Damit ist eine sinngemäße Einheit gemeint. Vater, Sohn und Heiliger Geist tun das Gleiche. Wer mit Gott nicht eins ist, soll umkehren und sich wieder mit Gott vereinen und seine Aussagen ernst nehmen.

Ein christliches Glaubensbekenntnis findet sich bei Paulus in 1.Korinther 15,3-5.57: „Christus ist für unsere Sünden (Zielverfehlungen) gestorben nach den Schriften; 4 er wurde begraben und auferweckt am dritten Tag nach den Schriften; 5 und er ist Kephas (Petrus) erschienen, dann den Zwölfen. … 57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg (über den Tod) gibt durch unseren Herrn Jesus Christus! 58 Seid fest … damit eure Mühe im Herrn nicht vergeblich ist.“

Es war die Begegnung mit dem Auferstandenen, welche die ersten Christen in Bewegung setzte. Jesus ist nicht nur ein Rabbi oder ein Weltveränderer. Er beweist mit seiner Auferstehung und Himmelfahrt, dass er auch der wiederkommende König ist, der jeden Menschen gerecht beurteilt (vgl. Paulus in Apostelgeschichte 17,31). Die altkirchlichen Bekenntnisse zeigen uns die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Glaubens-Vorstellungen und sind für uns heute ein Schlüssel zur Auslegung der Bibel.

Der englische Philosoph C. S. Lewis schrieb folgendes:

„Ein Mann, der als normaler Sterblicher so geredet hätte wie Jesus, wäre keineswegs ein bewunderter religiöser Lehrmeister gewesen. …

Wir müssen uns entscheiden. Entweder war und ist dieser Mann der Sohn Gottes oder ein Verrückter oder etwas noch Schlimmeres … aber lassen wir doch bitte nicht diesen herablassenden Unsinn gelten, dass er ein gewöhnlicher Sterblicher in der Rolle eines großartigen Lehrers gewesen sei. Diese Möglichkeit hat er uns nicht gelassen. Er hatte sie niemals beabsichtigt.

Nun scheint es mir aber offensichtlich, dass er weder ein Verrückter noch ein Betrüger war; folgerichtig muss ich akzeptieren, wie seltsam, erschreckend oder unvorstellbar mir es auch vorkommt, dass er Gott war und ist. Gott ist in menschlicher Gestalt auf dieser, vom Feind beherrschten Welt gelandet.“

Oder so wie es der römische Hauptman unter dem Kreuz bekennt: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“ Markus 15,39

Oder wie es Thomas in Johannes 20,28 sagte: „Mein Herr und mein Gott.“

Auch das Abendmahl ist ein Bekenntnis. Paulus schreibt in 1.Korinther 11,23-26:

23 Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich auch euch überliefert habe, dass der Herr Jesus in der Nacht, in der er überliefert wurde, Brot nahm 24 und, als er gedankt hatte, es brach und sprach:

Dies ist mein Leib, der für euch ist; dies tut zu meinem Gedächtnis!

25 Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, dies tut, sooft ihr trinkt, zu meinem Gedächtnis! 

26 Denn sooft ihr dieses Brot esst und den Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.

Was für ein Bekenntnis: Indem wir das Abendmahl einnehmen, bekennen wir, dass wir durch das Leben und den stellvertretenden Tod Jesu, mit Gott eins werden. Er ist auferstanden und kommt wieder auf diese Erde.

In Vers 27 warnt Paulus davor, dass wir das Abendmahl nicht in unwürdiger Weise einnehmen. Damit ist gemeint, dass wir die Notwendigkeit des Kreuzes für uns anerkennen. In Vers 31 heisst es: «Wenn wir uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet.» Zwingli übersetzt: «Gingen wir mit uns selbst ins Gericht, so kämen wir nicht ins Gericht.»

Das Kreuz ist der Wendepunkt, weil Gott es so festgelegt hat, dass wir durch das Einsehen, dass Jesus für uns gestorben ist, frei werden, mit Gott zu leben und ihm zu dienen.

Im Alten Testament ist es Vorschau. Man empfängt Vergebung im Bewusstsein, dass man ein stellvertretendes Opfer braucht. Am Kreuz ist sie vollzogen. Und im Abendmahl nehmen wir sie für uns heute in Anspruch.

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