Ukraine: Kämpfen für Allah

Ein Video, eines angeblichen Häuserkampfes in der Stadt Mariupol zeigt tschetschenische Kämpfer. Unterlegt sind die Szenen mit einem traditionellen islamischen Gesang. Auf arabisch heißt es dort unter anderem: „Die Kuppeln der Wahrheit sind unsere Helme, die Moscheen sind unsere Kasernen.“

Die Worte stammen aus einem religiösen Gedicht, das Ziya Gökalp (1876 –1924) zugeschrieben wird: „Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten“.

Ob Kadyrows Truppen dort tatsächlich eine signifikante Rolle spielen, wird von Militärbeobachtern bezweifelt. Militär-Experte Ruslan Lewiew sagt zu BILD: „Alles deutet darauf hin, dass sie als kämpfende Truppe völlig nutzlos sind. Das Einzige, was sie tun können, ist, Gefangene zu foltern, Menschen zu entführen, Unbewaffnete zu töten.“ Er meint: alles Bluff! Kadyrows Leute seien in der Ukraine nicht auf dem Schlachtfeld.

Zwischen Straßenkämpfen und Fahnenappellen finden sich Szenen, die Kadyrow und seine Gefolge beim Beten in einer Moschee zeigen. In Videos, die Kadyrows Soldaten an der vermeintlichen Front zeigen, rufen bärtige Männer „Allahu Akbar“ oder recken den rechten Zeigefinger in die Luft – ein Zeichen, das häufig von Islamisten benutzt wird. Es ist das Bekenntnis zum „Tauhid“, dem muslimischen Einheitsglauben.

In einigen Videos zeigt sich Kadyrow mit dem tschetschenischen Großmufti Salah Mirsajew. Dieser hatte laut dem Portal „Kavkazr“, das zum tschechischen „Radio Free Europe“ gehört, bereits Ende Februar 2022 die Beteiligung der Tschetschenen am Krieg in der Ukraine religiös gerechtfertigt – obwohl der Krieg mit Putin von einem Christen angeführt wird.

Der Mufti führt aus, dass schon die Gefährten des Propheten Mohammed im siebten Jahrhundert an der Seite einer äthiopischen Armee und unter dem Kommando eines Christen gekämpft hätten. Kurzum, die Muslime kämpften in der Ukraine für den Koran und für den Propheten. Wer dort sterbe, tue dies als Märtyrer.

Die Reaktionen auf die Inszenierung fallen unterschiedlich aus. In Deutschland sollen 50.000 Tschetschenen leben. Manche von ihnen neigen einem radikalen Islam zu, sympathisieren teilweise mit der Terrormiliz IS. Andere würden sich ärgern, dass dieser die Religion missbrauche. In Österreich soll es Tschetschenen geben, die erwägen in die Ukraine zu reisen, um gegen Kadyrows Soldaten zu kämpfen.

Seit Mitte März richtet sich Kadyrow mit seinem Telegram-Kanal auch an ein arabischsprachiges Publikum. Dort bezeichnet er sich als „Diener des heiligen Korans“. Jüngst postete er ein vermeintliches Dankesschreiben eines Followers, der Kadyrow dafür lobt, den „Geist des wahren Dschihads“ zurückgebracht zu haben.

In der arabischen Welt stößt dies auf Unmut. Laut dem Portal „Al-Monitor“ haben führende islamistische Rebellengruppen in Nordwestsyrien Kadyrows Kriegsbeteiligung in der Ukraine bereits scharf kritisiert. Schließlich unterstütze dieser den russischen Machthaber Putin im Krieg in Syrien und damit das Töten vieler Muslime.

Für Verärgerung könnte auch sorgen, dass sich Kadyrow bei dem erwähnten „Nasheed“ ausgerechnet der Hymne „Nimm unser Blut“ bedient hat. Laut Experten stammt sie ursprünglich von der islamistischen Terrororganisation „Ahrar As-Sham“ – also ausgerechnet von einer Gruppierung, die in Syrien das Assad-Regime und dessen Verbündeten Putin bekämpft. mehr Informationen

Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow ist russischen Medienberichten zufolge in die belagerte südukrainische Hafenstadt Mariupol gereist, um die Moral der Kämpfer zu erhöhen, sagte der tschetschenische Minister Achmed Dudajew der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Diese veröffentlichte ein Foto von Kadyrow mit rund 20 tschetschenischen Kämpfern. Das russische Fernsehen veröffentlicht sogar Bilder, die Kadyrow mit General Mordwitschew zeigen – den hatte die Ukraine allerdings für tot erklärt. Der Zeitpunkt der Aufnahmen lässt sich nicht verifizieren. Kadyrow selbst schrieb auf Telegram, die „Säuberung“ der zerbombten Hafenstadt von „Nazi-Banditen“ laufe auf „Hochtouren“. Er versprach, dass Mariupol „in sehr kurzer Zeit vollständig befreit sein wird“. Das ukrainische Außenministerium schrieb bei Twitter, die russische Armee habe eine „neue Phase des Terrors gegen Mariupol“ gestartet und etwa 6000 Menschen in russische Lager verschleppt.

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