Saudi-Arabiens Großmufti erklärte Iraner zu Ungläubigen

In knappen Sätzen hat der oberste islamische Gelehrte Saudi-Arabiens, Großmufti Scheich Abdulaziz Al al-Sheikh, rund 80 Millionen Muslime zu Ungläubigen erklärt – nämlich jene Muslime, die in Iran leben. „Wir müssen verstehen, dass sie keine Muslime sind„, sagte der Geistliche der Tageszeitung „Mekka“, die in der gleichnamigen Stadt erscheint.

Anlass war der Hadsch 2016, die jährliche Pilgerfahrt nach Mekka. Im vergangenen Jahr 2015 waren bei einer Massenpanik rund 2400 Pilger getötet worden. Irans religiöses Oberhaupt Ajatollah Ali Khamenei warf den saudischen Behörden vor, sie hätten einige Pilger im vergangenen Jahr „ermordet“, die Herrscher in Riad seien gottlos, die Königsfamilie sei verflucht und böse. Diese Anschuldigungen konterte Großmufti Al al-Sheikh nun mit der pauschalen Exkommunizierung aller Iraner. Auch die Dschihadisten betrachten die Schiiten in Syrien, im Irak und in Iran als Abtrünnige vom Islam.

Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran reicht bis in die späten Siebzigerjahre zurück. Seit der islamischen Revolution in Iran fürchtet das Herrscherhaus in Riad, dass das schiitische Regime in Teheran seine Revolutionsideologie in die arabische Welt exportiert. Deshalb unterdrückt das Königshaus auch die schiitische Minderheit im eigenen Land. Anfang des Jahres exekutierte Saudi-Arabien den prominentesten schiitischen Geistlichen des Landes, Nimr al-Nimr. Daraufhin stürmten Demonstranten Saudi-Arabiens Konsulate in mehreren iranischen Städten. Wenig später brach Riad die diplomatischen Beziehungen zu Teheran ab.

Für Hunderttausende Iraner noch folgenreicher: In diesem Jahr liess Saudi-Arabien keine iranischen Pilger zum Hadsch einreisen, also der Pilgerreise nach Mekka. Beide Staaten konnten sich nicht auf die Einreisebedingungen und Teilnehmerquoten einigen.

Teheran wirft den Verantwortlichen in Riad seit Langem vor, die schiitischen Iraner bei der Zulassung zum Hadsch zu benachteiligen. Ajatollah Khamenei fordert deshalb, die Organisation des Hadsch müsse dem saudischen Herrscherhaus entrissen und in die Hände einer unabhängigen Institution gelegt werden.

Saudi-Arabiens König Salman zieht seine Legitimation und seinen Führungsanspruch in der islamischen Welt daraus, den Hadsch zu organisieren. Der offizielle Titel des Staatsoberhaupts lautet „Hüter der beiden heiligen Stätten“. Gemeint sind Mekka und Medina, die beiden Wüstenorte, in denen vor 1400 Jahren der islamische Prophet Mohammed wirkte und die von den Hadsch-Pilgern besucht werden.

Der König selbst vermeidet es, klar Stellung dazu zu beziehen, ob Schiiten für ihn Muslime sind. Die Zulassung schiitischer Pilger zum Hadsch impliziert aber, dass er sie als Muslime betrachtet.   mehr Informationen

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