Kirchen kritisieren Religionsbeleidigung

28.10.20 „Wir verurteilen alle Versuche, die Religionen herabzusetzen“, heißt es in einer am Dienstagabend 27.10.20 veröffentlichten Erklärung des Rates der Kirchenführer in Jordanien. Sie unterstreichen darin eine gemeinsame Forderung aller Religionen nach „Toleranz, Liebe, Harmonie, Respekt für andere und dem Verzicht auf die Beleidigung des religiösen Glaubens anderer„.  Für eine Kultur des Dialogs gelte es sich für den Aufbau von Vertrauen und die Betonung gemeinsamer Werte einzusetzen.

Auch der Patriarch der mit Rom unierten chaldäischen Kirche, Kardinal Louis Raphael I. Sako, rief am Mittwoch 28.10.20 zu Koexistenz und Brüderlichkeit auf. „Die chaldäische Kirche im Irak und in der Welt verurteilt alle Formen der Beleidigung von Religionen und der Verletzung religiöser Überzeugungen unter jedem Vorwand und prangert gleichzeitig alle Gewaltakte im Namen der Religion an“,

Ähnlich hatte sich am Dienstagabend 27.10.20 der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III. geäußert. Der Vorsitzende des Rates der Kirchenoberhäupter des Heiligen Landes zeigte sich besorgt über eine zunehmende Polarisierung nach der „unglücklichen Abfolge der Ereignisse in Frankreich“, wo Beleidigungen des Islam zu einem Rachemord an einem Lehrer sowie zu Verbrechen gegen unschuldige muslimische Zivilisten geführt habe. Den zivilisierten Dialog bezeichnete er „als einzige Interaktionsmethode, um die intellektuellen und ideologischen Lücken zwischen verschiedenen Religionen und Ideologien zu verringern„.

In Ägypten stellte sich laut Bericht der Zeitung „Egypt Independent“ (Dienstag) der anglikanische Bischof Munir Hanna Anis, verantwortlich für die anglikanische Kirche in Ägypten und Nordafrika, hinter die Entscheidung des Großimams der Kairoer Al-Azhar-Moschee, Scheich Mohammad Al-Tajjeb, Klage gegen „Charlie Hebdo“ einzureichen.

Meinungsfreiheit dürfe nicht dazu genutzt werden, die Gefühle anderer Menschen zu verletzen. „Das Verspotten religiöser Symbole wird nicht als Meinungsfreiheit angesehen, sondern als Anstiftung zum Hass, der Gesellschaften spaltet und zerstört“, so Anis.

Die erneute Veröffentlichung (als Protest gegen den Mord des Lehrers) von Mohammed-Karikaturen hatte in der vergangenen Woche für Kritik verschiedener arabischer Länder und Institutionen geführt, darunter der Ältestenrat „Muslim Council of Elders“ mit Sitz in Abu Dhabi.

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Bestimmungen in Deutschland

§ 166 StGB: Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.“

Die Auffassung des Menschenrechtskomitees der Vereinten Nationen: blasphemische Karikaturen dürfe man nicht verbieten. Denn das sei mit der Freiheit des Denkens, einem Menschenrecht, nicht vereinbar. Bei Karikaturen, die zu Diskriminierung, Feindseligkeit und Gewalt aus religiösem Hass anstifteten, liege die Sache jedoch anders.

In den USA halten sich die Medien eher zurück mit Religionskritik – obwohl die Meinungsfreiheit einen hohen Stellenwert hat und im ersten Zusatzartikel zur Bill of Rights, der US-Verfassung, verankert ist. Wegen der tieferen Religiosität in den USA ist Kritik in Glaubensfragen nicht üblich.

Bis heute sind Gesetze gegen Gotteslästerung innerhalb der EU in DÄNEMARK, GRIECHENLAND, FINNLAND, IRLAND, ITALIEN, den NIEDERLANDEN und ÖSTERREICH in Kraft.

In IRLAND wurde das Blasphemie-Gesetz 2010 sogar verschärft. Bis zu 25.000 Euro kann eine blasphemische Äußerung kosten, wenn bewusst provoziert wurde und die Gefühle Gläubiger verletzt wurden. Noch 2015 können die Iren aber in einem Referendum entscheiden, ob das so bleiben soll.

In GRIECHENLAND gibt es Gesetze gegen religiöse Straftaten und Gotteslästerung – und ab und zu auch einmal ein Gerichtsverfahren.

ÖSTERREICH  Wer religiöse Lehren verunglimpft, kann zu Haft bis zu sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe verurteilt werden.

In ITALIEN gilt Gotteslästerung als Ordnungswidrigkeit. Klagen wegen Blasphemie sind selten.

In SPANIEN ist es strafbar, religiöse Gefühle zu beleidigen. Verfahren sind jedoch selten.

In der SCHWEIZ droht eine Geldstrafe dem, der sich öffentlich und gemein über die Glaubensauffassung anderer äussert. Zwischen 2010 bis 2017 wurden in der Schweiz 28 Personen verurteilt wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit. Strafbar macht sich, wer «öffentlich und in gemeiner Weise die Überzeugung anderer in Glaubenssachen, insbesondere den Glauben an Gott, beschimpft oder verspottet oder Gegenstände religiöser Verehrung verunehrt». Auch wer eine Kultushandlung «böswillig» stört, wird bestraft. 2010 verlangten die Freidenker, alle religiösen Symbole aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, sogar Gipfelkreuze sollten abmontiert werden.

In GROßBRITANNIEN ist es verboten, den Hass auf Menschen in Zusammenhang mit religiösen Einstellungen zu schüren. Statt eines Blasphemie-Gesetzes gilt nun der „Racial and Religious Hatred Act“.

In FRANKREICH gilt Religion als Privatsache. Seit 1905 sind Kirche und Staat getrennt. Es gibt kein Blasphemie-Gesetz – außer im Elsass und im Gebiet Moselle. Die Regelung gilt als veraltet.

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