Friedensdemo kleiner als erwartet

Zum Kölner Protest gegen Gewalt im Namen des Islam kamen nur 1’000 Teilnehmer, statt den erwarteten 10’000.

«Nicht mit uns – Muslime und Freunde gegen Gewalt und Terror» war das Motto der Demonstration, die von der liberalen Islampädagogin Lamya Kaddor und dem Friedensaktivisten Tarek Mohamad, am Samstag in Köln veranstaltet wurde. Die beiden Muslime hatten sich nach dem Anschlag auf der London Bridge vor zwei Wochen entschieden, dass es nun Zeit sei, ein deutliches Zeichen gegen Terror im Namen des Islam zu setzen. Dafür hatten Kaddor und Mohamad alles in ihrer Macht stehende getan. Sie waren von Pressetermin zu Pressetermin getingelt, hatten Gespräche mit islamischen Gemeinden geführt und nach prominenten Unterstützern gesucht. Zumindest letzteres ist den beiden gut gelungen. Auf der langen Unterstützerliste für die Demonstration findet sich ein Gutteil der deutschen Politprominenz.

Zwar war es Kaddor und Co. Gelungen, den Zentralrat der Muslime für die Demonstration zu gewinnen, doch der türkische Verband DITIB versagte ihnen die Unterstützung. «Muslimische Anti-Terror-Demos» würden die Muslime stigmatisieren, zudem sei es zu warm, um im Ramadan am Mittag zu demonstrieren, teilte DITIB mit. Auch von einer anderen Seite wurde der Demonstration die Unterstützung versagt. Viele migrantische Islamkritiker kritisierten das Vorhaben. Man könne nicht mit dem Zentralrat, dem eine Nähe zur Muslimbruderschaft nachgesagt wird, oder Erdogans DITIB glaubhaft gegen den Terror demonstrieren. Ein weiterer Vorwurf: Es fehle an einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Islam.

Die Veranstalter ließen diese Vorwürfe links liegen und versuchten es trotzdem. Dabei wurden sie enttäuscht. Viel mehr als 1000 Menschen beteiligten sich nicht. Tarek Mohamad und Lamya Kaddor machten daraus auch kein Geheimnis. Mehrfach wurde von der Bühne die geringe Teilnehmerzahl beklagt und DITIB direkt kritisiert. Terror habe nichts mit Religion zu tun, hieß es in vielen Reden, und man müsse sich nicht von etwas distanzieren, womit einen nichts verbinde.

Einzig die Ahmadiyya-Gemeinde war mit vielen Menschen, T-Shirts und Transparenten deutlich präsent. Die Ahmadiyya-Gemeinden werden nicht als Muslime anerkannt und ihnen ist der Zugang zu Mekka versperrt.  Mehr Informationen

Die Medien kritisieren Friedensmarsch der Muslime

Bilder legen nahe, dass vor allem Deutsche ohne Migrationshintergrund demonstrieren.

„Von den 1000 Teilnehmern waren unserer Einschätzung nach nur gut die Hälfte Muslime“, hieß es aus Polizeikreisen zu BILD.

„Welt“: „Schmerzhaft wenige“

Die „Welt“ urteilte besonders hart. „Viele türkische Hochzeiten sind größer als diese Demo“, schrieb die Zeitung.

Die Veranstaltung sei bereits der zweite gescheiterte Versuch gewesen, „einen Aufstand der Anständigen unter den Muslimen zu organisieren“. Auch die  „Mahnwache der muslimischen Verbände“ am Brandenburger Tor nach den Charlie-Hebdo-Anschlägen im Frühjahr 2015 sei von „schmerzhaft wenigen“ Muslimen besucht gewesen.

Das Engagement der Organisatorin Lamya Kaddor würdigte die „Welt“, schrieb dann aber: „Kaddor spricht so wenig für die deutschen Muslime wie Seyran Ates, die eine ‚liberale Moschee’ in einer evangelischen Kirche betreibt oder Aiman Mazyek und sein sogenannter ‚Zentralrat’.“

Der organisierte liberale Islam, von dem Politik und Medien träumten, sei so weiter ein „Potemkinsches Dorf“. Wer liberale Türken und Araber treffen wolle, müsse mit offenen Augen durch Berlin oder Köln gehen, erklärt die „Welt“.

► Der Deutschlandfunk nennt die Veranstaltung gar einen „PR-Gau für die islamischen Verbände“. „Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Zeichen setzen. Und dann macht keiner mit“, heißt es in dem Kommentar.

Auch der Deutschlandfunk spricht Organisatorin Kaddor von der Schuld für das Debakel frei. Die sei vor allem beim türkischen Islamverband Ditib zu suchen.

„Ditib wolle sich nicht an der Demonstration beteiligen, eine muslimische Anti-Terror Demo würde Muslime selbst stigmatisieren. (…) Das ist natürlich vollkommener Humbug“, urteilt der Deutschlandfunk.

Nun – da Ditib mit seinem Boykott zum Scheitern der Veranstaltung beigetragen hat – bestehe dagegen die Chance, „dass islamophobe, rechtsgerichtete Kreise diese Demonstration heute in Köln nutzen werden, um gegen Muslime in unserer Gesellschaft Stimmung zu machen“.

„Zeit“: „Die Botschaft zählt“

Auch der „Kölner Stadtanzeiger“ greift vor allem den türkischen Muslimen-Dachverband an. „Was es mit Stigmatisierung zu tun hat, gegen den islamistischen Terror auf die Straße zu gehen, ist vollkommen unerklärlich“, schreibt die Zeitung am Sonntag. Die Botschaft „bleibt zuhause“ sei jedoch angekommen – leider.

► In einem Stimmungsbericht der „Zeit“ klingt das zumindest ein wenig positiver. Die „Zeit“ zitiert einen Teilnehmer: „Ditib-Absage hin oder her, was zählt, ist doch die Botschaft. Und die ist deutlich rübergekommen: Wir alle haben uns heute eindrucksvoll gemeinsam gegen Terroristen, die im Namen des Islam morden, gestellt.“   Mehr Informationen

Warum distanzieren sich Muslime nicht von Terror-Anschlägen?

Rayk Anders

Muslime wollen auf Demos zeigen, dass der Islam richtig verstanden nichts mit Gewalt zu tun hat. Das Problem ist, dazu man eine interpretatorischen Saltos schlagen. Die ersten 100 Jahre Islam dagegen waren von Mohammed geprägt und von einem Krieg nach dem anderen. Die christlichen Texte und die ersten 100 Jahre Glaubenspraxis stehen dagegen sehr kritisch zur Gewalt – das so stark, dass radikale Christen sogar oft die Selbstverteidigung ablehnen.

Im Koran steht auch folgende Anweisung: Sure 9.29: „Bekämpft diejenigen Schriftbesitzer (Juden und Christen), welche nicht an Allah und den jüngsten Tag glauben und die nicht das verbieten, was Allah und sein Gesandter verboten haben (z.B. der Glaube an die Dreieinigkeit Gottes) und sich nicht zur wahren Religion bekennen so lange, bis sie ihren Tribut in Demut entrichten.“

Iman Issam Umrra, am drittheiligsten Ort, spricht Klartext:

Manche sehen den Religionsbegriff so, dass das Christentum keine „Religion“ ist, da in allen Religionen die Menschen handeln, damit sie dem Göttlichen näher kommen können, während für Christen der „Gottmensch“ Jesus die entscheidende Handlung vollzog, dass sie wieder mit Gott in einer offen Beziehung stehen können. Alles Handeln des Menschen ist ohne die Gnade Gottes aussichtslos. Aber Gott erlaubt den Menschen, an seiner Erlösung mitzuwirken, indem er sich der Gnade aus freien Willen annehmen und zuwenden muss und dann sein Leben auf ihn ausrichtet. Vielleicht entdecken liberale Muslime, dass das, was diese mit aufwendigen Interpretationskunststücken gerade rücken wollen, im Christentum gegeben ist. Jesus versöhnt uns mit dem Vater und durch den Heiligen Geist verändert sich unser Leben.

Es braucht nicht eine Distanzierung vom Terrorismus, sondern ein besseres Lebenskonzept. Es braucht Vertrauen, Hoffnung und Liebe.

Ahmad Mansour sagte: „Wir Muslime müssen in der Lage sein, den Jugendlichen, der neuen Generation, eine Religion anzubieten, die ohne Wenn und Aber hinter der Demokratie und Menschenrechten steht“.

In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ stellte er nun die oft geäußerte Behauptung in Frage, dass islamistischer Terror nichts mit dem Islam als Religion zu tun habe.

„Wir haben uns nicht die Frage gestellt, wie solche Ungeheuer im Namen unsere Religion entstehen.“

Salafisten machen sinnstiftende Angebote, welche die Jugendlichen nirgends anders so leicht bekommen.

Islamistische Fanatiker geben den orientierungslosen Jugendlichen Halt und klare Regeln und eine Identität.

Mit einem Sprengstoffgürtel und dem Tod einiger Ungläubiger bin ich sofort bei Allah! Mein Leiden hat ein Ende und ich bekomme alles, was ich in diesem Leben nicht gehabt habe.

Salafisten beherrschen das Internet, ihre Angebote sind leider immer noch wesentlich attraktiver als andere.

Lässt sich der Islam reformieren? weiterlesen →

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