El-Roï – Gott schaut auf mich

Abraham hat Hagar in Ägypten erhalten. Aus der ersten Fehlentscheidung entstand die Möglichkeit der zweiten. Zuerst hat Abraham nicht darauf vertraut, dass Gott ihn versorgen kann. Jetzt übernimmt er selbst das Zepter, damit Gottes Verheißung jetzt in Erfüllung gehen soll.

Sollen wir selbst handeln oder auf Gott warten? Manchmal will Gott, dass wir etwas tun. Doch dann gibt es auch Situationen, in denen Gott handeln will, er sich aber noch Zeit lässt. Gerne möchten wir Menschen helfen, indem wir für Gott einspringen. Doch es wäre hilfreicher, wenn Menschen erleben, wie Gott ihnen hilft.

Abraham hätte Gott fragen sollen. Wir sollen Gott unsere Not sagen und ihn bitten, uns seinen Weg zu zeigen. Manchmal gehört es zu seinem Weg, dass wir schwierige Situationen aushalten müssen. Ein andermal greift er ein und wir erleben seine Kraft. Wichtig erscheint mir eines: Wir sollten mehr mit Gott als mit Menschen über schwierige Situationen reden. Doch machen wir es manchmal nicht genau umgekehrt?

Die Folge menschlicher Lösungen sind folgenschwer. Hagar ist gegenüber Sarah hochmütig geworden. Das Ergebnis ist Streit mit Trennung und einem fortwährenden Konflikt.

So manches Leid in dieser Welt haben wir Menschen selbst kreiert. Wir wollen jetzt haben, was wir für gut befinden. Doch bei vielem können wir die Konsequenzen unseres Handelns gar nicht abschätzen. Die Herausforderung liegt darin, dass wir nicht unsere Wünsche umsetzen, sondern darauf vertrauen, dass Gott zu unserem Besten handelt (Römer 8,28).

Es ist schwierig, Not auszuhalten. Doch das Paradox des Lebens ist, dass unsere Wurzeln in der Not tiefer werden. In der Not kommen wir an die Grenzen des Verstehens und müssen in die Welt des Vertrauens eintreten.

In ihrer Not macht Hagar eine wichtige Erfahrung. Sie erlebt: Gott sieht mich. Sie ist die erste Person in der Bibel, die Gott einen Namen gibt. Sie ist auch die erste Person, der der Engel des HERRN erscheint. Sie hat eine Gottesbegegnung.

Auch sie erhält eine Verheißung für ihren Sohn. Er lässt sich nicht einbinden und wohnt im Gegenüber der Brüder. Das zeigt, dass ihr oder dem Abraham mehrere Söhne verheissen werden. Der Name ihres Sohnes soll sein: „Höre Gott“. Denn Gott hört, wer sich an ihn wendet. Gott sagt Hagar zu, dass er sie hört, auch wenn ihr Weg  kein einfacher ist, da sie sich Sarah unterordnen soll.

Die große Grundfrage an den Menschen seit der Begegnung mit der Schlange im Paradies ist: „Vertraust du darauf, dass es Gott gut mit dir meint?“ Als die Schlange alles in Frage stellte, schoss es Adam und Eva durch den Kopf: „Können wir wirklich auf Gott vertrauen oder sollten wir unser Leben nicht besser in die eigenen Hände nehmen?“ Daraufhin aßen sie von den Früchten des verbotenen Baumes und zeigten damit, dass sie Gott und seinen Anweisungen nicht vertrauten.

Die erste Versuchung, mit der Jesus konfrontiert wurde, war die Versuchung, selbst für sich zu sorgen. Es ist die gleiche Versuchung, der Abraham erlegen ist. Abraham hatte zu wenig Essen und sorgte daraufhin für sich selbst. Im Bericht von Jesus erkennen wir den Unterschied: Jesus kann warten, bis sein Vater im Himmel für ihn sorgt.

Dann versucht ihn der Teufel dazu zu bewegen, Gott zum Handeln zu zwingen, indem er sich vom Dach des Tempels in die Tiefe stürzt. Auch das lehnt Jesus ab. Ähnlich ist es bei Abraham: „Wenn Gott nicht handelt, organisieren wir uns selbst“. Es ist der Weg der Hagar, indem man Gottes Verheißungen selbst in die Hand nimmt und sein Heil selbst vollbringen will. Das Verrückte ist: Gott geht sogar darauf ein. Er hätte ja das Kind verhindern können. Doch Gott will uns aufzeigen, wohin die eigenen Lösungen führen, wenn wir ihm nicht vertrauen.

Zu guter Letzt will auch der Teufel Jesus eine Abkürzung anbieten und ihm alles Leid ersparen. Doch Jesus befiehlt dem Teufel, wegzugehen (Matthäus 4,10). Danach dienen Jesus die Engel.

Das Schwierige ist, die Verzögerung auszuhalten und zu warten, bis Gott eingreift. Liebe zeigt sich gerade darin, dass man Leiden aushält. Viele sagen, wenn es einen guten Gott gibt, dürfe es doch kein Leiden geben. Doch Jesus zeigt auf, dass ein guter Gott den Menschen nicht verurteilt, sondern an seiner Stelle die Konsequenzen der Ablehnung von Gott und seinen Anweisungen erträgt. Gottes Liebe offenbart sich im leidenden Christus. Das Kreuz ist die Einladung an uns, seine Versöhnung und Vergebung anzunehmen.

Es ist unsere größte Versuchung, dass wir alles selbst in die Hand nehmen wollen, was Gott uns schenken möchte. Damit berauben wir uns der Gotteserfahrung. Das gilt auch in Bezug auf die Vergebung. Wir können uns die Liebe Gottes nicht verdienen, sondern sie nur dankend annehmen.

In der Not kommen wir an die Grenze des Verstehens und treten in die Welt des Vertrauens ein. Deshalb bleiben uns schwierige Situationen nicht erspart.

1. Mose 16 EU

1 Sarai, Abrams Frau, hatte ihm nicht geboren. Sie hatte aber eine ägyptische Sklavin. Ihr Name war Hagar.

2 Da sagte Sarai zu Abram: Siehe, der HERR hat mir das Gebären verwehrt. Geh zu meiner Sklavin! Vielleicht komme ich durch sie zu einem Sohn. Abram hörte auf die Stimme Sarais. 3 Sarai, Abrams Frau, nahm also die Ägypterin Hagar, ihre Sklavin, zehn Jahre, nachdem sich Abram im Land Kanaan niedergelassen hatte, und gab sie Abram, ihrem Mann, zur Frau.

4 Er ging zu Hagar und sie wurde schwanger. Als sie sah, dass sie schwanger war, galt ihre Herrin in ihren Augen nichts mehr.

5 Da sagte Sarai zu Abram: Das Unrecht, das ich erfahre, komme über dich! Ich selbst habe meine Sklavin in deinen Schoß gegeben. Aber kaum sieht sie, dass sie schwanger ist, und schon gelte ich in ihren Augen nichts mehr. Der HERR richte zwischen mir und dir.

6 Da sagte Abram zu Sarai: Siehe, sie ist deine Sklavin, sie ist in deiner Hand. Tu mit ihr, was in deinen Augen gut erscheint! Da misshandelte Sarai sie und Hagar lief ihr davon.

7 Der Engel des HERRN fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste, an der Quelle auf dem Weg nach Schur. 8 Er sprach: Hagar, Sklavin Sarais, woher kommst du und wohin gehst du? Sie sagte: Vor Sarai, meiner Herrin, bin ich davongelaufen. 9 Da sprach der Engel des HERRN zu ihr: Kehr zurück zu deiner Herrin und beuge dich unter ihre Hand!

10 Der Engel des HERRN sprach zu ihr: Mehren, ja mehren werde ich deine Nachkommen, sodass man sie wegen ihrer Menge nicht mehr zählen kann. 11 Weiter sprach der Engel des HERRN zu ihr: Siehe, du bist schwanger, du wirst einen Sohn gebären und du sollst ihm den Namen IsmaelGott hört – geben, denn der HERR hat dich in deinem Leid gehört. 12 Er wird ein Mensch sein wie ein Wildesel. Seine Hand auf allen, die Hand aller auf ihm! Allen seinen Brüdern gegenüber wird er wohnen.

13 Da nannte sie den Namen des HERRN, der zu ihr gesprochen hatte: Du bist El-RoïGott schaut auf mich -. Denn sie sagte: Gewiss habe ich dem nachgeschaut, der auf mich schaut! 14 Deswegen nennt man den Brunnen Beer-Lahai-Roï – Brunnen des Lebendigen, der auf mich schaut -*. Siehe, er liegt zwischen Kadesch und Bered.

15 Hagar gebar dem Abram einen Sohn. Und Abram gab seinem Sohn, den ihm Hagar geboren hatte, den Namen Ismael. 16 Abram war sechsundachtzig Jahre alt, als Hagar Ismael für Abram gebar.

* Andere meinen, der Text habe ursprünglich gelautet: Wahrlich, ich habe Gott gesehen und bin am Leben geblieben, nachdem ich ⟨ihn⟩ gesehen habe.

 

 

 

5 Gedanken zu „El-Roï – Gott schaut auf mich“

  1. Unabhängig von unseren Umständen ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, was Gott lehrt. Er lehrt in Psalm 51, Vers 17, dass die Opfer Gottes ein gebrochener Geist sind: ein gebrochenes und zerknirschtes Herz.

      1. Alles klar, Peter!

        Als der Herr Jesus auf der Erde lebte, wurde Er gesalbt, den Sanftmütigen gute Botschaft zu predigen; er wurde gesandt, um die gebrochenen Herzen zu verbinden und den Gefangenen die Freiheit zu verkünden. Jeder muss von ganzem Herzen auf den Erretter vertrauen.
        Lies auch Psalm 51:19!

          1. Sehr gut erklärt, Hans Peter.
            Diese Gebrochenheit ist ein Geschenk Gottes. Wenn wir diese Zerbrochenheit haben, wird unsere Reue echt sein. Zerbrochenheit geht der Reue voraus. An diesem Punkt ist es unsere höchste Priorität, Gott zu vertrauen und ihm zu gehorchen. Dies setzt sich nach der Wiedergeburt fort. Unser Gebet ist nicht mein Wille, sondern dein Wille, Herr, geschehe.

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