Das Reich von Putin dem Großen

Fern der Realität, in einem anderen Universum, paranoid – so schätzt Nina Chruschtschowa, Urenkelin des Stalin-Nachfolgers Nikita Chruschtschow, Russlands Präsidenten ein. Die Politologin hat Putin studiert, sagt, wie er tickt und was er wirklich will. (Bild: Außenminister Sergei Lawrow beim Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin – fern von allem)

Putins Krieg ist ein Ein-Mann-Krieg. Der Krieg eines Diktators, der in seiner eigenen Welt lebt, sagt Nina Chruschtschowa. „Nichts davon ist logisch oder rational kalkuliert. Doch es ist im Rahmen dessen, wie der Verstand eines Diktators funktioniert.“

Chruschtschowa war noch ein Kind, als ihr Urgroßvater unfreiwillig in den Ruhestand ging – abgesetzt als mächtigster Politiker der Sowjetunion.

Er sei ein einsamer Autokrat, sagt die Politologin dem ARD-Studio New York: „Das ist kein politischer Verstand mehr, kein realistischer Verstand mehr. Er lebt in einer erfundenen Realität, in der sich ihm jeder unterwerfen muss, anstatt realistisch zu reagieren.“

Der Kremlchef wolle unantastbar werden, meint die Politologin der New Yorker Universität „New School“, in den Fußstapfen Wladimirs des Großen, der als bedeutendster Fürst Altrusslands gilt – dem Vorläuferstaat der heutigen Länder Russland, Ukraine und Belarus.

Putin hänge an der Vision des russischen Schriftstellers Alexander Solschenizyn, den er sehr verehre, erklärt Chruschtschowa weiter. „Es ist diese Vision von Alexander Solschenizyn, dass alle slawischen Länder sich vereinigen

Er hat panische Angst vor dem Tod – so wie Stalin in seinen späten Jahren. Er ist paranoid. Es scheint, als habe Putin dieses Endstadium eines Diktators erreicht, der in einem komplett anderen Universum lebt. Eines, das wir uns fast nicht vorstellen können.“

Mit amerikanischer Diplomatie komme niemand bei diesen Diktator weiter, sagt die Professorin für Internationale Angelegenheiten. „Wenn Du Dich nicht benimmst, dann bestrafen wir Dich. So funktioniert das nicht mit Autokraten.“

Auch die Idee, dass die russische Bevölkerung einen Umsturz herbeiführen könnte, sieht sie als Illusion der westlichen Welt.

Nach – wohl bemerkt staatlichen – Umfragen sollen inzwischen mehr als 70 Prozent der Russen hinter diesem Krieg stehen. Doch auch unabhängige Quellen bestätigen diese Tendenz: Viele Russen kränke es, dass ihr Land von der ganzen Welt geächtet wird.

„Und sollte ein Teil der Bevölkerung sich gegen Putin erheben – das wäre blutig.“ Selbst wenn das einträte, käme nicht der politische Führer an die Macht, den sich die Amerikaner wünschten.

Seine Frage sei diese: „Wollt Ihr einen größeren Krieg? Oder gebt Ihr mir, was ich will? Und die Frage ist: Wie viel würde die Ukraine geben, um zu beenden, was gerade passiert? Würde sie diese Gebiete dafür abtreten, die doch ohnehin für sie verloren sind?“ mehr Informationen

Der Einsatz des russischen Militärs in der Ukraine könne in den kommenden Tagen deutlich gewalttätiger werden, befürchtet Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Russland habe bereits in Syrien und Tschetschenien gezeigt, dass es bereit sei, ohne Rücksicht auf Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur vorzugehen und auch den Einsatz geächteter Waffen wie Streubomben nicht ausschließe.

„Russland sieht alles als Provokation an, was es als Provokation ansehen möchte„, so die SWP-Expertin.

Selbst wenn das russische Militär die Ukraine besiegen sollte, erwartet Major keine schnelle Lösung des Konflikts. Die Ukraine werde nicht aufgeben, ein souveränes Land bleiben zu wollen. Der Kreml indes hat klar gemacht, dass er die Ukraine in einen „Vasallenstaat“ verwandeln will. „Zwischen diesen beiden Zielen gibt es keinen Kompromiss“, so Major. Dieser Konflikt sei nicht zu lösen. mehr Informationen

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