Mögliches Weltbild von Putin

Alexander Dugin plädiert für eine radikale Umkehr des politischen Denkens. Er ist ein Freund von Wladimir Putin.

Dugin propagiert die „Eurasische Idee“. In einem Interview von 2013 sagte er:

«Es gibt den westlich-liberalen Kosmopolitismus, doch die russische Gesellschaft wird diese Idee niemals akzeptieren. Dann gibt es den Nationalismus, der sich für das multiethnische Russland ebenfalls nicht eignet. Auch der Sozialismus eignet sich nicht als tragendes Ideal für Russland, im Prinzip hat er auch in der Vergangenheit dort nie wirklich funktioniert. Die eurasische Idee ist daher ein realistisches und idealistisches Konzept. Es ist nicht nur irgendeine romantische Idee, es ist ein technisches, geopolitisches und strategisches Konzept, welches von all jenen Russen unterstützt wird, die verantwortungsbewusst denken.»

Der „eurasische“ steht im Gegensatz zum „atlantischen“ Kulturraum. Dem entspricht die von Dugin postulierte „Vierte politische Theorie“, die nach Liberalismus, Faschismus und Kommunismus am ehesten geeignet sei, das Überleben der Menschheit im Zeitalter der Globalisierung zu sichern.

Der italienische faschistische Theoretiker Philosoph Julius Evola (1898–1974) vertrat eine „Revolte gegen die moderne Welt“, die auf dem Konzept der Rasse beruht – wobei aber „Rasse“ eine geistige, keine biologische Kategorie darstelle. Aus all dem folgt gleichwohl ein „geistiger“ Antisemitismus und Antiamerikanismus sowie die Forderung nach der esoterischen Initiation einer neuen Aristokratie.

Bei alledem tritt Dugin mit seiner Übernahme der Gedanken Evolas nicht etwa für einen völkischen Ethnopluralismus ein, sondern für ein antiliberales, autoritäres sowie neoimperiales Großraumdenken, das seiner Überzeugung nach alleine die Menschheit noch retten könne. So stellt er in seinem 2017 verfassten „Manifesto for a global revolutionary Alliance“ fest, dass die Phase des Kapitalismus an ihre natürliche Grenze gestoßen, die natürlichen Ressourcen erschöpft seien und dass der westlich-liberale, kosmopolitische Lebensstil sowie die Kälte des Internets zum Zerbrechen aller gesellschaftlichen Bindungen geführt haben – womit auch das herkömmliche Verständnis von Individualität und Individuen zerstört sei. «Im Streben nach individualistischen ‚Menschenrechten‘ hat sich die Menschheit selbst verloren.» Daher sei bei Weiterentwicklung der jetzigen Zustände nichts anderes als eine apokalyptische Katastrophe zu erwarten. Am Ende dieses Zyklus, so Dugin, stehe der Selbstmord der menschlichen Gattung.

Eine Rettung sei möglich, aber nur durch eine radikale Umkehr, eine grundlegende Neubesinnung auf andere Kategorien des Denkens, durch eine Besinnung, die schließlich zur Bildung politischer Formationen führe, die den Niedergang des Westens und der USA so beschleunigen könne, dass wenigstens deren Völker ihren Niedergang überleben würden: als raumgebundene Völker ohne wechselseitigen Führungsanspruch.

Gegen das seiner Auffassung nach „unipolare“ Weltsystem nach Ende der Sowjetunion wirbt er für ein multipolares Weltsystem mit mindestens vier Pfeilern: des (nordamerikanischen) Westens, Europas, Chinas und eben Eurasiens.

Dugins Konzept läuft darauf hinaus, den asiatischen Kontinent in zwei Einflusssphären – eine im weitesten Sinne russische und eine chinesische – aufzuteilen.

Wladimir Putin ist als einen Revolutionär im Geiste des Dugin zu begreifen.

Auf den letzten Seiten seines Buches „Eurasian Mission – An Introduction to Neo-Eurasianism“ antwortet Dugin 2014 auf die Frage nach seiner Haltung zu Wladimir Putin:

«Wenn er an die Macht zurückkehrt, wird er gezwungen sein, zu seiner früheren anti-westlichen Politik zurückzukehren, weil unsere Gesellschaft von Natur aus anti-westlich ist.»   mehr Informationen

Bei einem mutmasslichen Mordanschlag im August 22 in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. «Die Identität der Toten ist geklärt – es ist die Journalistin und Politologin Darja Dugina», teilte das nationale Ermittlungskomitee am Sonntag in Moskau mit.

Die 29-Jährige galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Sie stand nach Berichten Moskauer Medien auf der Sanktionsliste Grossbritanniens wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die von Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar befohlene Invasion.

Es werde in verschiedene Richtungen ermittelt, hieß es in der Mitteilung der Ermittler. Sie ließ offen, ob der Mordanschlag dem Vater Duginas gegolten haben könnte. Der Vater der Getöteten, der radikale Autor Dugin, wird von Medien und Autoren immer wieder als Einflüsterer oder als «Gehirn» des russischen Präsidenten Putin sowie als Ideengeber auch für den Angriff auf die Ukraine bezeichnet. Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax hatten Dugin und seine Tochter am Samstag gemeinsam das patriotische Festival «Tradition» besucht, das von einer Stiftung des Präsidenten unterstützt wird. «Es war geplant, dass Vater und Tochter das Festival gemeinsam verlassen, Darja fuhr aber allein in dem Fahrzeug», so Interfax. mehr Informationen

Alexander Dugin (geb. 1962) gehört zu den bekanntesten und schillerndsten geostrategischen Intellektuellen in Russland. Dugin ist aber mit einer Vielzahl von Websites, Büchern, Broschüren und Zeitschriftenartikeln im öffentlichen Diskurs Russlands präsent.

Dugin ist ein Anhänger der sogenannten hyperboräischen Theorie, nach der die Menschheit im arktischen Norden entstanden sei. Deshalb seien die Russen ein „arisches Volk“, das allerdings nicht durch die Rasse, sondern durch eine metaphysische Geschichtsmission definiert werde. Dugin wandte sich einem Neo-Eurasismus zu. Für den eurasischen Großraum beansprucht Dugin neben dem Territorium der Russländischen Föderation auch Belarus, die Ukraine, den gesamten Kaukasus, Zentralasien und die Mongolei. Jede politische Macht ist nach Dugins Vorstellungen ihrem eigenen Raum zugeordnet und muss „raumfremde Mächte“ fernhalten. In der Logik des Eurasismus ist Russland zur Größe nachgerade verpflichtet. Der Verzicht auf weitere Expansion würde die Existenz des russischen Volkes in Frage stellen.

In den 2010er Jahren hat Dugin eine „Vierte Politische Theorie“ entworfen, die er als neue leistungsfähige Ideologie nach dem Ende von Liberalismus, Sozialismus und Faschismus anpreist. Dugin will die traditionellen Systeme in einer neuen Synthese überwinden. Dugin will den Staat von seiner abstrakten Rolle als reines Vertragsgebilde erlösen und ihm eine eigene Seinsberechtigung verleihen: Der Staat soll eine eigene Zivilisation und Lebenswelt begründen.

Seit kurzem umwirbt Dugin auch die westeuropäische Linke, die er vor allem durch seinen rabiaten Antiamerikanismus in den Bann ziehen kann. Damit geht Dugin praktisch an, was er bei Vorträgen regelmäßig in seiner „Vierten Politischen Theorie“ verkündet, mit der er die Zeit für eine neue Synthese von Nationalismus und Sozialismus gekommen sieht.

Nach den dramatischen Ereignissen in Odessa im Mai 2014 rief er zum Mord an der Kiewer Regierung auf: „Ich glaube, man muss töten, töten und töten. Ich sage das als Professor.“

Dugin unterstützte nicht nur die Angliederung der Krim an Russland, sondern auch den großflächigen Krieg in der Ukraine, den er als einen weiteren Schritt in einer historisch bereits stufenweise erfolgten Ausdehnung des russischen Imperiums und der UdSSR Richtung Westen deutet. Die Ukraine als eigener Staat kommt in dieser Weltvorstellung nicht vor.

Dugin erscheint es daher auch selbstverständlich, auf dem Reißbrett eine Teilung der Ukraine herbeizufantasieren: „Das Territorium zwischen Odessa und Charkiw werden wir befreien und so oder anders [an Russland] anschließen. Das steht nicht zur Diskussion. Die Westukraine als Teil von Polen ist auf den ersten Blick akzeptabel … Ein wahrer Sieg beginnt mit der Befreiung von Noworossija (Südosten der Ukraine) und weiter, wie es Gott will“. mehr Informationen

Dass sich die osteuropäischen Staaten für den Westen entscheiden, passt nicht ins Konzept. Russland war nach dem Zerfall der Sowjetunion keine Großmacht mehr. Obama nannte Russland sogar eine Regionalmacht. Diesen Zerfall habe der Westen aktiv herbeigeführt, um Russland zu vernichten, weil der Westen immer schon gegen Russland gewesen sei. Inzwischen hat sich aber Russland unter Putin aufgerappelt. Das Land ist nun in der Lage, die Zugeständnisse, die man hat machen müssen, so weit wie möglich zu revidieren.

Entweder wir unterwerfen uns seinem Weltbild oder wir stehen für unsere Werte der freien Entscheidung ein.

Putin versteht sich als Retter der Menschheit vor dem geheim gesteuerten Westen, der die ganze Welt instrumentalisiert.

Das Problem dieser Ideologie:

  1. Die Freiwilligkeit bleibt auf der Strecke. Der Mensch wird einem System zugeteilt.
  2. Es ist kein Miteinander, sondern man unterscheidet pauschal zwischen Menschengruppen. Ein Wandel wird ausgeschlossen. Das kommt dem Kastensystem von Indien entgegen und der Elite, die sich vom Volk absondert. Nicht jeder Mensch ist gleich viel wert.

Siehe auch:Wiedergeburt einer Ideologie

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