Die Zukunft der Türkei liege in Europa

erklärt nun Erdoğan. Die türkische Führung benimmt sich in diesen Tagen wie in Panik. Nichts will so wirklich funktionieren, politisch wie ökonomisch läuft der Laden schon lange nicht mehr rund. Alles scheint unhaltbar auf den Untergang zuzusteuern.

Umso bemühter klingen die jüngsten Verkündigungen des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, die nach außen als Reformankündigungen verkauft werden. Vergangene Woche deutete Erdoğan überraschend den neuen Weg an. Die Regierung sei bestrebt, die Türkei in eine neue Ära der Wirtschaft und Demokratie zu führen, so Erdoğan. Am Wochenende sodann folgte eine Ansage, die aufhorchen ließ. Erdoğan, der in den vergangenen Monaten keine Gelegenheit ausließ, gegen Europa auszuteilen, sieht die Zukunft der Türkei „nirgendwo anders als in Europa“.

Tendenziell hat sich die türkische Führung in den vergangenen Jahren  international isoliert. Das konnte sich die Türkei insoweit zunächst leisten, als die prosperierenden Jahre bis 2015 die Staatskasse aufgefüllt hatten und die lockere Geldpolitik der Türkischen Zentralbank Wirtschaftswachstum ermöglichte und ausländisches Investitionskapital anlockte. Doch nun gehen die Devisenreserven aus, allein dieses Jahr wurden weit über 110 Milliarden Dollar ausgegeben, um den Liraverfall aufzuhalten. Vergeblich.

Die aggressive Kriegsrhetorik dient zwar zur Konsolidierung nach innen, trägt aber keinerlei Früchte. Es schreckt die dringend benötigten internationalen Investoren sogar ab. Dies dürfte allmählich auch in Ankara angekommen zu sein.

Wichtigster Katalysator in diesen Tagen ist nicht ein Sinneswandel und die Einsicht in die desaströse türkische Politik, sondern die Furcht vor Konsequenzen. Bidens Wahlsieg scheint Ankara bereits jetzt zu verdeutlichen, dass der türkische Präsident zu den größten Verlierern der Abwahl Trumps gezählt werden kann. Entsprechend reagiert Ankara, und stellt bereits die Weichen für die türkisch-amerikanischen Beziehungen neu, die unter Biden möglicherweise weit weniger harmonisch als unter Trump sein werden.  mehr Informationen

Bis heute ist unklar, was genau bei dem Putschversuch im Juli 2016 in der Türkei geschah. Für Erdoğans Theorie hat der dreijährige Mammutprozess, gegen die vermeintlichen Rädelsführer der Verschwörung, der nun mit der Verurteilung von fast 400 Angeklagten zu Ende ging, keine Beweise erbringen können. Erdoğan hat die Glaubwürdigkeit des türkischen Rechtsstaates zerstört, als er nach dem Coup Zehntausende von Bürgern verhaften oder aus Ämtern entfernen ließ – unter dem Vorwand, sie stünden der Gülen-Bewegung nahe. Nahezu jeder Kritiker gilt Erdoğan seither als „Terrorist“. 

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums, das seit Juli nur noch symptomatische Patientenzahlen meldet, gab es in der Türkei am Dienstag 7.381 neue Fälle und 161 virusbedingte Todesfälle und damit die höchsten Tagesraten seit dem ersten bestätigten COVID-19-Fall im März. Auch die seit vergangenen Freitag geltende partielle Wochenend-Ausgangssperre und die Schließung der Schulen konnten den Anstieg der Neuinfektionen also nicht verhindern. Auch Einkaufszentren, Restaurants und die meisten Geschäfte sind bloß wenige Stunden am Tag geöffnet, wobei für Senioren und Arbeitslose unter 20 Jahren sogar zeitweise tägliche Ausgangssperren verhängt wurden. Am Dienstag kündigte Koca an, das Gesundheitsministerium werde 12.000 neue medizinische Fachkräfte einstellen, um den steigenden Gesundheitsbedürfnissen der türkischen Bürger Rechnung zu tragen, und forderte potenzielle Kandidaten auf, sich online zu bewerben. Die Stadtverwaltung von Istanbul meldete am Montag den Tod von 201 Menschen durch eine „ansteckende Krankheit“. Obwohl die Krankheit nicht weiter spezifiziert wurde, weckte die Ankündigung Bedenken hinsichtlich der Genauigkeit der Daten des Gesundheitsministeriums, das an diesem Tag landesweit 153 virusbedingte Todesfälle meldete. mehr Informationen

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