Zweifel am Afghanistan-Einsatz

Als die ausländischen Soldaten vor gut einem Jahrzehnt an den Hindukusch kamen, wurden sie von den meisten Afghanen mit offenen Armen empfangen. Viele waren froh über das Ende des Taliban-Regimes. Sie hofften auf eine Zukunft in Sicherheit und Wohlstand, wie es die westlichen Truppenstellernationen vollmundig versprachen. Seitdem starben Tausende Aufständische und Soldaten, Polizeibeamte und Zivilisten. Aus der Gastfreundschaft der Afghanen ist vielerorts Wut auf die Fremden geworden. Auch einstmals optimistische Soldaten halten den Einsatz für gescheitert.

Zwar ist auch viel erreicht worden: Millionen Kinder gehen zur Schule, Straßen wurden geteert, Häuser gebaut. Frauen haben – trotz des Widerstands konservativer Kräfte – weitaus mehr Rechte als damals unter den Taliban. Doch jeder Skandal der internationalen Truppen, jedes zivile Opfer bei einem Nato-Bombardement, jede Demütigung durch ausländische Soldaten entfremdete die Afghanen von den Westlern, die angetreten waren, ihnen zu helfen. Zugleich verstärkte jeder getötete ausländische Soldat das Misstrauen der Truppen in die Afghanen.

Wie tief die Gräben sind, zeigt die Forderung von Präsident Hamid Karsai, den Nato-Kampfeinsatz 2013 zu beenden. Der verbitterte Präsident will die ungeliebten Ausländer ein ganzes Jahr früher als geplant wegschicken, obwohl ein vorzeitiger Abzug sein Land in einen erneuten Bürgerkrieg stürzen könnte.

Manche einfache Afghanen wie etwa der Schuhmacher Baba Khan in Kabul halten die Taliban inzwischen für das geringere Übel. «Sie (die Amerikaner) ermorden und verbrennen Menschen in der Nacht, während die Kinder im Bett liegen», sagt der 60-Jährige. «Unter den Taliban konnten wir in Frieden schlafen.»

Auch Wolfgang Petzold hat die Lage am Hindukusch alle Zuversicht geraubt. Mit acht Bundeswehr-Einsätzen geht Petzold wohl als Afghanistan-Veteran durch. Zuletzt war der einstige Berufssoldat als Hauptfeldwebel 2009 dort, inzwischen lebt er im Ruhestand in Dresden. «Wenn man die Entwicklung in Afghanistan betrachtet, muss man zu dem Schluss kommen, dass unsere Bemühungen von damals keinen Erfolg hatten», sagt Petzold heute resigniert. Er hält diese Niederlage größtenteils für hausgemacht. «Ich habe selbst erlebt, wie überheblich wir Deutschen – und viel mehr vielleicht noch die Amerikaner – mit den Menschen umgegangen sind», sagt er. «Und jetzt wundern wir uns, dass wir ein ganzes Volk gegen uns haben.»

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