Unser Vater im Himmel

Jesus sagte (Mt 6,9): Betet ihr so: Unser Vater im Himmel.

Vater
Der Ausdruck „Vater“ klingt nach einer vertrauten und persönlichen Beziehung. Gott möchte nicht irgendein ferner Herrgott sein, sondern Dein und mein Vater. Ein Vater hat zu seinen Kindern eine besondere, familiäre Beziehung. Gott möchte mit uns eine enge Beziehung haben, denn er ist nicht ein unnahbarer und ferner Gott. Ist das nicht eine wunderbare Sache?
Wenn Gott mein Vater ist, dann bin ich logischerweise sein Kind. Nur die Kinder dürfen ihren Vater mit „Vater“ ansprechen. Kein Kind sagt zu seinem Nachbarn Vater. Mir jedenfalls wäre das nie eingefallen. Für mich war es klar, dass ich nur meinen Vater mit dem Wort Vater ansprach.
Wer Gott als seinen Vater bezeichnet, gibt damit zum Ausdruck, welche Beziehung er zu Gott hat. Gott steht als Schöpfer über uns. Er wollte, dass wir geboren werden. Er schenkte uns irdisches Leben und durch Jesus schenkt er uns ewiges Leben. Gott nimmt uns auf in seine Familie.
Jeder, der zu einer Familie gehört, wird durch diese auch geprägt. Manchmal kann man am Verhalten eines Kindes erkennen, aus welcher Familie es stammt. Ein Kind übernimmt teilweise das Verhalten der Eltern. Genauso wirkt sich unsere Zugehörigkeit zu Gott aus. Sie prägt unser Leben.
Ein Vater weiß, was seine Kinder brauchen. Und trotzdem lernen wir unsere Kinder, dass sie sich nicht einfach alles nehmen können. Sie sollen zuerst darum bitten. Ich denke, dass die meisten Familien die Sitte haben, dass sich die Kinder nicht ungefragt den Kühl- oder Vorratsschrank ausräumen können. Jedes Kind braucht Nahrung und wenn es darum bittet, so werden wir ihm bestimmt genügend davon geben.
Gott weiß auch, was wir täglich benötigen. Und dennoch gefällt es ihm, dass wir ihn mit einfachen Worten um das bitten, was wir brauchen.

Die Kinder haben manchmal den Drang, ihren Vätern alles Mögliche zu erzählen und freuen sich, wenn er Zeit hat und zuhört. Das Schöne ist: Gott hat immer Zeit – 24 Stunden am Tag oder 1440 Minuten oder 86400 Sekunden.
Auch Gott gefällt es, wenn ich ihm schildere, was und wie ich alles erlebt habe und welche Fragen mich beschäftigen.

Manchmal muss ein Vater auch Grenzen setzen und ein Limit angeben. Das ist nötig zum Schutz seiner Kinder. Und wenn die Kinder sich nicht daran halten, wird es Konsequenzen nach sich ziehen.
Auch Gott hat uns aus Liebe Grenzen gesetzt. Gott ist ein Vater, der seine Kinder liebt, aber nicht ein „lieber Vater“, der nicht anders kann, als uns nur immer lächelnd zu beschenken.

Jesus sagte zu seinen Jüngern (Mt 6,9): Betet ihr nun so: Unser Vater, in den Himmeln.
Wer ist Gott für uns? Ist Gott unser Vater oder ist er ein ferner, unnahbarer Gott, zu dem wir keine Beziehung haben? Lade wir ihn doch ein, sich uns zu zeigen. Vertrauen wir uns ihm in einem einfachen Gebet an. Jesus sagt uns, dass wir so zu ihm sprechen können, wie ein Kind mit seinem Vater.

Vater im Himmel
Gott kann man nicht vergleichen mit irgendeinem Vater. Der Zusatz „im Himmel“ macht uns deutlich: Er ist der vollkommene Vater.
Gott ist nicht wie ein irdischer Vater. Bei Gott können wir unser Idealbild eines Vaters wieder hervorholen. Er liebt uns. Er hat Geduld mit uns. Er beschenkt uns. Er steht zu seinen Versprechungen und Abmachungen, die er uns in der Bibel gemacht hat. Er steht auch ganz konsequent zu seinem Limit. Gott lässt sich mit unserem Verstand nie ganz fassen. Deshalb bereitet es uns oft Mühe, den Sprung, von unserem Bild der irdischen Väter, hin zu dem himmlischen Vater zu machen.

Gott ist der vollkommene Vater. Und ich bin sein unvollkommenes Kind. Manchmal wenn ich bete, wird mir so richtig bewusst, wer Gott ist und wie ich im Innersten bin. Der Gegensatz könnte nicht größer sein. Da ist der makellose Vater und ich sein Kind, das sich immer wieder eigenartige Entscheide fällt. Ich stelle mir das so vor, wie wenn ein kleiner Junge, der draußen so richtig dreckig geworden ist, in den herrlichen Salon des Vaters tritt. Erst im vornehmen Salon wird dem Kind so richtig bewusst, wie verschmutzt seine Kleider sind. Aber da steht auch sein Vater, der sein Kind mit offenen Armen empfängt. Und ich darf wissen, dass ich mit meinem irdischen Elend und mit all meinem Schutz zu meinem himmlischen Vater kommen kann.

Jesus lehrt uns beten: Unser Vater im Himmel. Diese Anrede verbindet zwei Dinge: Das Wort „Vater“ ermutigt uns, zuversichtlich zu beten. „im Himmel“ lässt uns demütig werden, damit wir uns nicht überheben. Jeder plumpe und lässige Umgang mit Gott wird mit dem Zusatz „im Himmel“ ausgeschlossen.
Das bringen wir oft nicht zusammen. Entweder reden wir vom lieben oder vom richtenden Gott. Doch diese zwei Dinge gehören zusammen. Gottes Vergebung ist nur dann echt, wenn unsere Verfehlungen vor ihm auch Konsequenzen haben und nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden.
Ein Kind, das alles so gemacht hat, wie es der Vater geboten hat, freut sich, wenn der Vater nach Hause kommt. Wenn das Kind lauter Blödsinn und Mist gebaut hat, dann hat es zu Recht ein mulmiges Gefühl. Sind wir Christen darin vielleicht zu lässig geworden? Da übertreten wir mehr oder weniger bewusst die Gebote Gottes und kommen zu ihm, als hätten wir nun ein besonderes Lob verdient.

Da wir Gottes Anweisungen immer wieder missachten, brauchen wir seine Vergebung. So wie ein Kind, kann ich zu Gott kommen und ihm bekennen, dass ich seine Grenzen nicht eingehalten habe und es mir von Herzen leid tut und ich ihn um Vergebung bitte. Welcher Vater würde seinem Kind nicht vergeben, wenn es ihn echt und von Herzen um Verzeihung bittet? Noch viel größer ist unser Gott. Jesus sagte zu seinen Jüngern: Betet ihr nun so: Unser Vater im Himmel.

Unser Vater im Himmel
Die ganze Anrede von Gott ist: Unser Vater in den Himmeln. Jesus lehrt uns beten: UNSER Vater und nicht mein Vater. Wir Christen sind keine Solisten. Um uns herum haben wir Geschwister. Das sollen wir beim Beten nicht vergessen. Das gilt auch für unsere persönlichen Gebete. Es ist eine christliche Eigenart, dass wir den Blick für den anderen bekommen. Und es ist sehr wertvoll, wenn wir füreinander beten. Paulus ist da ein großes Vorbild. In seinen Briefen erwähnt er immer wieder, dass wir Christen füreinander beten sollen.
Füreinander und miteinander beten bringt Segen. Immer wieder waren die gemeinsamen Gebetsstunden die Geburtsstunden für Erneuerungen und neue Aufbrüche. Ernst Moderson berichtet, wie sie damals zwischen Auffahrt und Pfingsten jeden Abend beteten und wie daraus eine Erweckung entstand. Auch der Prediger Markus Hauser erlebte vor 100 Jahren, wie in Reinach AG aus der Gebetsstunde heraus eine Erweckung aufbrach. Dort wo Menschen zum gemeinsamen Gebet zusammenkommen, hat Gott die Möglichkeit, Situationen zu ändern.
Wer dem „Vater im Himmel“ begegnet, nimmt aus dieser Begegnung „himmlisches“ mit. So wie Mose, dem man es ansah, wenn er mit Gott gesprochen hatte. Mose verhüllte sein Gesicht, damit die anderen Menschen keine Angst vor ihm hatten. Es gibt eine Geschichte von einem kleinen Jungen, der diese Geschichte vom Mose las. Er heißt Xaverl.
„Oh“, sagt Xaverl, „man sieht’s einem an, wenn er viel mit dir spricht und dein Freund ist“. Beinah erschrickt er. Was ist, wenn auch sein Gesicht anfängt zu leuchten? Werden sich alle fürchten, in seine Nähe zu kommen?
Xaverl geht ins Badezimmer und schaut in den Spiegel. Sein Gesicht ist wie immer, schon ziemlich braun von Sonne und Wind, mit ein paar dunklen Sommersprossen, auf Nase und Wangen. Nichts leuchtet, gar nichts.
Fast ist Xaverl enttäuscht. Ein kleines, ganz kleines Leuchten hätte ihn nicht gestört. Xaverl holt Atem. Erst der Schreck, dann die Enttäuschung. Kein Wunder, dass er jetzt Hunger hat, er fühlt sich inwendig leer und schwach. Er geht in die Küche. Vom Garten her hört er Stimmen. Er schiebt das Fenster einen Spaltbreit auf. Die Mutter redet mit der alten Bäckerin, die über den Zaun auf das Kräuterbeet schaut.
„Ja, ja“ sagt die Mutter. „Es ist schon praktisch, das Kräuterbeet. Der Bub hat es mir zum Muttertag geschenkt, und schon Wochen vorher hat er daran gewerkt und gesät und gegossen, und ich hab nie hinschauen dürfen“.
„Mit ihrem Xaverl können sie schon zufrieden sein“, sagt die Bäckerin. „So ein liebes Kind. Und so fröhlich. Er hat etwas Strahlendes“.
(Aus: Wenn du meinst lieber Gott / Verlag St.Gabriel / S.57-58)

Wenn wir Gott begegnen, sieht man uns das an.

Text: Hanspeter Obrist

Fortsetzung: http://obrist-impulse.net/geheiligt-werde-dein-name

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