Tumult um Paulus

In der folgenden Nacht stand Jesu bei ihm und sprach: Sei guten Mutes! Denn wie du meine Sache in Jerusalem bezeugt hast, so musst du sie auch in Rom bezeugen. Apostelgeschichte 23,11

Paulus kommt nach Jerusalem und die lokalen Nachfolger von Jesus empfehlen ihm, sich an einer jüdischen Weihe zu beteiligen, damit klar wird, dass er das Judentum nicht verlassen hat (Apg. 21,24). Doch seine Gegner zetteln einen Aufruhr an und behaupten, er hätte einen Nichtjuden mit in den Tempel genommen (21,28). Als er dann von den Römern vor der Steinigung bewahrt wird (21,31), kann er auf der Treppe zur Festung von seinen Erfahrungen berichten. Als er zum Punkt kommt, dass die Botschaft der Rettung auch für die Nichtjuden gilt, gehen bei seinen jüdischen Zuhörern die Emotionen hoch (22,22). Die Römer verstehen nicht, warum so ein Aufruhr herrscht und möchten Paulus deshalb unter Folter ein Geständnis abzwingen (22,24). Der beruft sich darauf, dass er Römer ist und nicht ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren bestraft werden darf.

Wie kommt ein Jude zur römischen Staatsbürgerschaft? Dafür gibt es drei Möglichkeiten: Entweder wurde sie ihm geschenkt oder er hat sie gekauft oder er hat sie sich mit einer Sonderleistung verdient. Da zuvor Paulus’ Bemerkung, dass er aus Tarsus sei (21,39), nicht automatisch dazu führte, dass er als Römer eingeordnet wurde, kann man davon ausgehen, dass der Stadt Tarsus und damit seinen Bürgern nicht das römische Bürgerrecht geschenkt wurde. Die Familie von Paulus war wohlhabend, denn wir wissen, dass Paulus und seine Schwester in Jerusalem eine jüdische Erziehung genossen haben. Wahrscheinlich verdiente die Familie mit dem Gewerbe der Zeltmacherei gutes Geld und ein Vorfahre von Paulus hatte sich um des Geschäfts willen das römische Bürgerrecht erworben.

Nun wollte man aber doch herausfinden, was das Problem mit Paulus war. Als er vor den geistlichen Führern befragt wird, legt er das Zeugnis ab, dass er mit einem reinen Gewissen dem Gott Israels folgt (23,1). Das veranlasst den Hohepriester, ihn auf den Mund schlagen zu lassen. Was ist aus jüdischer Sicht an dieser Aussage falsch? In den Augen der führenden Juden kann sich ein Jesusnachfolger nicht mehr auf den Gott Israels berufen. Das ist gotteslästerlich. Doch Paulus lässt diese Behandlung nicht auf sich sitzen. Dabei beleidigt er den Hohepriester, weil er nicht weiß, dass dieser Mann gerade der Hohepriester ist. Als er seinen Fehler erkennt, entschuldigt sich Paulus und zeigt damit, dass er sich sehr wohl an die jüdischen Gebräuche hält.

Da die Juden sein Bekenntnis zum jüdischen Glauben ablehnen, weist Paulus sie darauf hin, dass sie selbst untereinander nicht einig sind. Er erwähnt, dass sein Glaube auf der Auferstehung der Toten beruht. Da es unter den Juden Gruppierungen gibt, die keine Auferstehung lehren und dieser Punkt der Anlass für viele Auseinandersetzungen ist, offenbart Paulus mit diesem Hinweis die innere Zerrissenheit des jüdischen Glaubens:

Die Pharisäer waren konservativ, die Sadduzäer liberal, weiterhin gab es noch die Essener, die mystisch ausgerichtet waren und die Zeloten, die aktiv werden wollten. Daneben gab es im Norden auch noch die Samaritaner, welche als eigene Denomination wahrgenommen wurden. Die Jesusbewegung wurde dagegen von den Schriftgelehrten als Weg interpretiert, der vom Judentum wegführt (21,21). mehr Informationen dazu 

Da keine Klärung des Streitfalls möglich ist, müssen die Römer Paulus in die Festung zurückführen. Dort erscheint dem Paulus Jesus, der ihm bestätigt, dass das Geschehene zum göttlichen Plan gehört und dass Paulus später auch nach Rom gehen wird.

Das Spannende an diesen Ereignissen ist, dass wir daran sehen können, wie ein schwieriger Weg nicht wegen uns selbst schwierig sein muss, sondern weil Gott damit andere Personen wachrütteln will. Rund zehn Jahre vor der Zerstörung von Jerusalem wird Jesus nochmals bei allen Verantwortlichen zum Thema. Doch sie lassen den Weckruf Gottes verstreichen. Paulus erlebt hier auch, was Jesus in Markus 13,9-11 versprochen hat: Er darf erfahren, dass der Heilige Geist ihm im rechten Moment die rechten Worte gibt.

Das ist ein Impuls aus unseren Entdeckungen in einer ergebnisoffenen Bibelstudiengruppe.

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