Tischa BeAw – Tröstet mein Volk

2023:  9. Aw 5783  Mittwochabend bis Donnertag 27. Juli (wenn der 9. ein Schabbat ist am 10. Aw)

9. Aw als Schicksalstag
Am 9. Aw 586 v. Chr. wurde der Tempel durch Nebukadnezar zerstört. Am 9. Aw 70 n. Chr. wurde der Zweite Tempel Israels durch Titus vernichtet. Im Freiheitskampf der Zeloten unter Bar Kochba gegen Rom fiel die Festung Betar am 9. Aw 135 n.Chr. In Spanien mussten die Juden am 9. Aw 1492 das Land verlassen. Am 9. Aw 1914 begann der Erste Weltkrieg, der für die osteuropäischen Juden folgenschwer wurde.

Der Tischa BeAw (9. Aw) gehört zu den vier Trauertagen im jüdischen Kalender, die der Zerstörung Jerusalems gelten.

Der erste dieser vier Trauertage ist der 10. Tewet. Mit ihm begann die Belagerung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 n. Chr.

Am 17. Tammus brachen die römischen Legionen in die Vorstadt Jerusalems ein. Wenige Wochen später, am 9. Aw, geschah unter dem damaligen General Titus die vollständige Eroberung Jerusalems, der Innenstadt und des Tempelbezirks. Dabei ging der Tempel in Flammen auf. Jerusalem wurde zerstört und der bis dahin überlebende Teil der jüdischen Einwohner wurde entweder grausam ermordet oder in Gefangenschaft und Sklaverei geführt.

Der 3. Tischri, auch «Fasten des Gedalja» genannt, erinnert an die Ermordung des letzten jüdischen Statthalters unter Nebukadnezar. Dieser zerstörte Jerusalem am 9. Aw 586 v. Chr. und deportierte Juda nach Babylon.

Diese vier Trauertage gelten wie auch der Versöhnungstag am 10. Tischri (Jom Kippur) als Fastentage, an denen das jüdische Volk seine Betroffenheit und seinen Schmerz über die größte nationale Katastrophe in seiner Geschichte zum Ausdruck bringt. Nach Jom Kippur ist Tischa BeAw (9.Aw) der wichtigste Fastentag im jüdischen Jahr.

Mit der Zerstörung des Tempels erlosch der Opferdienst. «Wir sind nicht mehr imstande, unsere Pflichten zu erfüllen in dem Haus, das du erwählt hast, in dem großen heiligen Hause, über dem dein Name genannt wird» (aus einem jüdischem Gebetsbuch).

Das Fasten
Das Fasten beginnt am Vorabend und dauert bis zum Abend des 9. Aw. In diesen 25 Stunden essen und trinken die Trauernden nicht. Am Abend sitzt man mit Kerzen auf dem Boden und liest spezielle Trauergebete vor. Viele schlafen auf dem Boden. Während dieser Zeit sollen keine Lederschuhe getragen, keine öffentlichen Arbeiten verrichtet noch gekocht werden. Es ist auch nicht erlaubt, sich zu waschen, zu rasieren oder zu baden. Man unterlässt Spaziergänge und grüßt niemanden. Es ist auch Brauch, am 9. Aw die Friedhöfe zu besuchen. Einige benutzen in der Nacht vom 8. auf den 9. Aw statt eines Kopfkissens Steine oder dehnen das Fasten auf zwei Tage aus.

Gottesdienst
Der Toraschrein in der Synagoge hat an diesem Tag keinen Vorhang und die Betenden legen am Vormittag weder Gebetsriemen (Tefillin) noch Gebetsmantel (Tallit) an. Man liest nur die Stellen der Tora und des Talmuds, die von der Zerstörung Jerusalems und des Tempels und von den Vorschriften für Trauertage handeln. Es werden vorwiegend Stellen aus dem Buch Jeremia gelesen.

Ende des Fastens
Nach der Mittagsstunde wird die Trauer um den Tempel gemildert. Alle Einschränkungen sind aufgehoben bis auf das Waschverbot und das Fastengebot. Bis zum Mittag des 10. Aw darf kein Fleisch gegessen und kein Wein getrunken werden, da der Tempel bis in den Nachmittag des 10. Aw brannte. Zum Ausklang des Tages wird Jesaja 55,7 gelesen: «Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.»

Dreiwöchige Fastenzeit
In der dreiwöchigen Trauerzeit vom 17. Tammus bis zum 9. Aw dürfen keine Fruchtsorten verzehrt werden, von denen man zuvor in diesem Jahr noch nicht gegessen hatte. Der Grund dafür ist, dass man dafür zuerst einen Segen sprechen müsste. Das passt aber nicht zur Trauer. Mit der gleichen Begründung darf man auch kein neues Gewand anziehen und kein Haus beziehen. Ebenso dürfen in den Trauerwochen keine Ehen geschlossen werden, da Hochzeiten ohne Fröhlichkeit, Ausgelassenheit und Tanz undenkbar sind.

Trauer im Alltag
Die Trauer um den Tempel begleitet jüdische Menschen ein Leben lang. So wird bei jeder Hochzeit ein kostbares Gefäß zerschlagen, oder zumindest ein Weinglas zertreten, als Zeichen der Trauer für den zerstörten Tempel. In Schmuckstücke wird absichtlich ein Fehler eingearbeitet. Beim Neubau eines Hauses sollte ein Teil über dem Eingang nicht verputzt oder angestrichen werden. Und auf der Sederplatte beim Passahmahl liegt seit der Zerstörung des Tempels ein gekochtes Ei sowie ein Knochen, die beide an das verlorene Festtagsopfer bzw. an das Ende des Opferdienstes aufgrund der Zerstörung des Tempels erinnern.

Trost in aller Trauer
Der Schabbat nach dem 9. Aw ist der Schabbat Nachamu (Schabbat des Trostes). Mit den Worten aus Jesaja 40,1 «Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott» wird daran erinnert, dass Gott bisher immer auf die Trauer seines Volkes geantwortet und es getröstet hat. Deshalb ist dies nach jüdischem Glauben auch der Tag, an dem der Messias erscheinen und Israel in die Erlösung und Vollendung führen wird. Die Stämme Israel und Juda werden wieder in Israel vereinigt, Harmonie und Frieden werden auf Erden herrschen. Zur Zeit des Messias soll dann auch der dritte und letzte Tempel Israels gebaut werden als Zeichen und Zentrum des Heils für Israel und für die Völker.

(Wegen der Heiligkeit von Schabbat, wird das Fasten zum 9. Aw je nach Jahr auf nach Schabbat verlegt.)

Der Israelsonntag
Das Gedenken an die Zerstörung Jerusalems fand im christlichen Kalender Eingang am 10. Sonntag nach Trinitatis, auch «Israelsonntag » genannt. Luther setzte diesen Tag zu Beginn der Reformation ein  weiterlesen… 

Text: Hanspeter Obrist

Richard Harvey: Tischa B’Av hat eine tiefe Bedeutung für diejenigen von uns, die Jeschua (Jesus) als unserem Messias folgen. In der jüdischen Tradition war der Tempel in Jerusalem das Zentrum der Anbetung, der Ort, an dem die göttliche Gegenwart (Schechina) unter den Menschen wohnte. Nach der Zerstörung des Tempels ging der jüdischen Überlieferung zufolge auch die Schechina ins Exil. Aus messianisch-jüdischer Sicht erkennen wir jedoch, dass mit dem Kommen Jeschuas ein neues Verständnis des Tempels entsteht. Jesus selbst verkündete: „Zerstört diesen Tempel, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ (Johannes 2:19). Er bezog sich nicht auf den physischen Tempel, sondern auf seinen eigenen Körper, der gekreuzigt und aus dem Grab auferweckt werden würde. Für messianische Juden wird Tischa B’Av zu einem Tag des Nachdenkens über die Bedeutung des Opfers Jesu als ultimative Sühne für Sünden. Durch seinen Tod und seine Auferstehung wurde Jeschua zum lebendigen Tempel, zur Brücke zwischen der Menschheit und Gott, die den direkten Zugang zur göttlichen Gegenwart ermöglichte. Er riss die Barriere nieder, die uns von Gott trennte, und ebnete allen Nationen den Weg, sich HaSchem zu nähern. Jeschua, der „Tempel, der nicht mit Händen gemacht wurde“, ist die Verkörperung der Gegenwart Gottes. Während wir um die Zerstörung der physischen Tempel in der Geschichte trauern, feiern wir auch die Erfüllung des Tempels in Jesus. In ihm finden wir Hoffnung, Versöhnung und ewiges Leben. An Tisch B’Av finden messianische Juden Trost in der Gewissheit, dass wir auch in Zeiten der Dunkelheit und Trauer einen Hohepriester haben, der unseren Schmerz versteht und für uns eintritt. Jeschuas aufopfernde Liebe wird zu einer Quelle des Trostes und der Heilung, wenn wir über die Vergangenheit nachdenken und uns auf die Zukunft freuen. Tishah B’Av erinnert uns an die erlösende Macht Gottes, der Trauer in Freude und Zerbrochenheit in Ganzheit verwandeln kann. Wenn wir über die Zerstörung der alten Tempel nachdenken, werden wir daran erinnert, dass Jeschuas Opfer uns in den erneuerten Tempel einbaut, in dem die Gläubigen lebendige Steine sind, die zusammengebaut wurden, um eine Wohnstätte für Gott zu bilden (1. Petrus 2,5). Aus dieser Perspektive wird Tishah B’Av zu einem Tag erneuerter Hoffnung und Glaubens, da wir erkennen, dass der ultimative Tempel nicht auf eine physische Struktur beschränkt ist, sondern im Herzen eines jeden Gläubigen wohnt und uns für immer mit der göttlichen Liebe und Gnade unseres Erlösers verbindet, Jeschua, der Messias. Unser Mitgefühl gilt unserem gesamten Volk und allen, die in dieser Zeit trauern. Jeschua lehrte uns: „Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden“ (Matthäus 5,4). Wenn wir die Bereitstellung von Gottes Barmherzigkeit, Vergebung und Wiederherstellung in Jeschua erkennen, können wir seinen Trost, seine Stärke und seine Erneuerung wirklich kennen.

https://www.facebook.com/hnaftali/videos/2025152640829596/

Tausende singen „Ani Maamin“ an der Klagemauer in Jerusalem auf Tisha B’Av.  Sie singen: „Ich glaube mit vollkommenem Glauben an das Kommen des Messias, und obwohl er verweilt, werde ich täglich auf sein Kommen warten“.

https://www.facebook.com/ahuva.lode/videos/1613534228772772/

Jüdische Feste:
Rosch HaSchana – Jüdisches Neujahr
Fasten des Gedalja
Jom Kippur – Der Versöhnungstag
Sukkot – Das Laubhüttenfest
Chanukka – Das jüdische Lichterfest
Tu BiSchwat – Das Neujahrsfest der Bäume
Purim – Ende des Antisemitismus – Überwindung vom Fremdartigen
Pessach / Passah – Die Befreiung
Tischa BeAw – Tröstet mein Volk
Unzählbare Feste doch nur drei gesetzliche Feiertage in Israel

Kein Mensch kann die Schuld eines anderen abnehmen

F: Kein Mensch kann die Sünden eines anderen aufnehmen, bzw, sie dem anderen abnehmen. Hallo F. Im Judentum gibt es die Überzeugung, dass der Tod eines Gerechten seine Generation rettet. Damit bekam auch das sinnlose Leiden und Morden nach der Zerstörung des zweiten Tempels und dem Ausbleiben der Versöhnungsopfer (vgl. Rabbi Wein, Yeven Metzulah) eine … Kein Mensch kann die Schuld eines anderen abnehmen weiterlesen

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