Re-Islamisierung statt demokratisch-freiheitlicher Strukturen

Libyen war im Freudentaumel. Der Islamist Mustafa Abdel Dschalil hatte schon kurz nach dem Fall Gaddafis prognostiziert, dass im neuen Libyen die Scharia gelten werde, das überkommene göttlich-islamische Recht. Zum neuen Gesetzeskanon gehöre auch die Polygamie „ohne Bedingungen“. Ist das die neue Freiheit, die einige arabische Völker mit ihrem Blut erstritten haben?

Auch in Tunesien, dem Mutterland des „arabischen Frühlings“, sind die Menschen mit der Entwicklung nicht einverstanden. Etwa 800 Menschen demonstrierten in Sidi Bouzid gegen die von der islamistischen Partei Ennahda geführte Regierung. Kritiker wie der Blogger Sofiane Chourabi stellen nun eine schleichende Islamisierung in Tunesien fest. Berichte über Belästigungen und Beschimpfungen leicht bekleideter Touristen nehmen zu. Der Tunesier Mohammed O. geht noch weiter. Er sagte der „Welt“: „Etwa 10.000 Salafisten haben Tunesien wie eine Mafia-Organisation unterwandert. Sie sind gut zu erkennen an ihren 20 Zentimeter langen Bärten. Und das was sie wollen, ist nicht unser Islam, das ist eine Katastrophe.“ Sie kämen immer in Gruppen, hätten viel Geld und Waffen. Richter und Polizisten würden bedroht. Die Ennahda befördere diesen Terror, um sich als mildere Alternative präsentieren zu können. „. Mohammed hält es für möglich, dass in Tunesien erneut eine Revolution ausbrechen könnte, „diesmal aber mit sehr vielen Toten“.

Ägypten scheint derweil zum Eldorado deutscher Islamisten zu werden. Mohammed Mahmud etwa predigt nicht mehr im hessischen Erbach oder in Solingen, sondern via Internet aus dem ägyptischen Exil. „Ich werde Deutschland nur in einem einzigen Fall betreten“, so Mahmud, „als Eroberer, um die Scharia in Deutschland einzuführen! Ich bleibe nicht in einem Land, um unter den Kuffar (Ungläubigen) zu leben!“ Dem radikalen Prediger geht es längst nicht mehr darum, seine Glaubensbrüder zu einem tugendhaften Leben im Sinne des fundamentalistischen Islam zu erziehen. Der Extremist ruft vielmehr zur „Hidschra“ auf, zur Auswanderung in ein islamisches Land. Das sei die religiöse Pflicht eines jeden Muslim. Es bestehe die Gefahr, dass Ägypten als Durchreiseland dient und sich Islamisten von dort aus in Terrorlager begeben oder an Kämpfen in Konfliktgebieten teilnehmen. Es wird zunehmend schwieriger, die Lage in Ägypten einzuschätzen. Die Fundamentalisten am Nil, so scheint es, wähnen sich auf dem Weg zum Gottesstaat. Auch hier droht die Revolution gekidnappt zu werden.

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