Keine klaren Fronten mehr

In Kirkuk Nordirak sind amerikanische Abrams-Panzer eingefahren mit Hisbollah-Fahnen obendrauf, von schiitischen Milizionären gesteuert, die von Qassem Soleimani kommandiert werden. Ein Teil des gesamten Militärequipments, das die USA dem Irak im Kampf gegen den Islamischen Staat zur Verfügung gestellt haben, ist in die Hände von Milizen gefallen, die unter der Kontrolle des Iran stehen.

Realpolitisch gibt es keine klaren Fronten mehr. Ebenso wenig Verbündete mit denen man sich im Nahen Osten gegen den iranischen Einfluss stellen könnte. Was im Nahen Osten am Boden passiert, ist ein dauerndes Zurückweichen vor dem Iran; es sind permanente Kompromisse, die überall und immer wieder nur den Iran stärken. Man vertraut dem Iran und Russland und man misstraut den USA und den Europäern – das ist die Konsequenz aus Kirkuk sagt Thomas von der Osten-Sacken in einem Interview in mena-watch.

Der Einmarsch der irakischen Armee in die von den Kurden beanspruchte Stadt Kirkuk offenbart die aktuellen Entwicklungen in der Region.

Man hat einmal mehr einen traditionellen Verbündeten fallengelassen, wie das die USA in den letzten Jahren permanent getan haben – auch mit der syrischen Opposition. Die USA lassen sich da sukzessive aus dem Nahen Osten raus drängen, mit dem immer gleichen Argument, dass es ihnen um den Kampf gegen den Islamischen Staat gehe. Der Islamische Staat ist de facto geschlagen das heißt, die wirklichen Konflikte des Nahen Ostens brechen jetzt auf.

Die USA haben in einem Statement sogar von der kontrollierten Übergabe gesprochen. De facto haben sich die Amerikaner in diesem Konflikt für Bagdad entschieden und Bagdad steht zunehmend unter Kontrolle des Iran.

Der Unmut in der kurdischen Bevölkerung ist extrem groß: Man fühlt sich verraten, enttäuscht. All diese vollmundigen Erklärungen von Staat und Stärke haben sich als Luftschlösser erwiesen, und jetzt werden auch von Seiten der Opposition die ersten Forderungen laut, dass Barzani zurücktreten muss.

Denn die gesamten ‚umstrittenen Gebiete‘ im Nordirak, in die die Kurden zwischen 2003 und 2016 vorgerückt sind und die Kontrolle übernommen haben, sind innerhalb von anderthalb Tagen mehr oder weniger kampflos geräumt worden.

Im Moment ist die international Sympathie ganz eindeutig auf Seiten des irakischen Premierministers Abadi und der Präsident der Kurdischen Regionalregierung Barzani hat es mit seinem Referendum verspielt.

Das Problem ist ja, dass eigentlich  die Kurdische Regionalregierung seit Jahren bankrott ist: Es werden kaum Gehälter bezahlt, die Zahlungen bewegen sich in der Höhe von 30 %.

Die ganze Zeit existierte seit den 90er-Jahre bis 2003 de facto zwei Irakisch-Kurdistans mit den zwei Hauptstädten Erbil, wo die Kurdische Demokratische Partei (KDP) von Barzani saß, und Suleymania, wo die Patriotische Union Kurdistans (PUK) saß.

Die PUK hat nun mit Bagdad und dem Iran einen Separatdeal abgeschlossen. Sie entschieden sich eher mit Bagdad zusammenzuarbeiten als mit Barzani. Immerhin kontrolliert diese Partei 40 % des Territoriums von Irakisch-Kurdistan. Nun wird sichtbar, dass die kurdische Einigkeit nicht vorhanden ist.

Alle Seiten werfen sich gegenseitigen Verrat vor.

Und es gibt gerüchteweise das Angebot, dass laut irakischer Verfassung der PUK-kontrollierte Teil Irakisch-Kurdistans eine eigene föderale Region wird. Das wären dann Kirkuk, Suleimaniya und die Halabja-Region, was eine Spaltung Irakisch-Kurdistans in einen Norden und einen Süden bedeuten würde.

Laut irakischer Verfassung sind nur die ursprünglichen drei kurdischen Provinzen Dohuk, Erbil, Suleymania als Autonomiegebiete Teile des föderalen Irak, wobei der Rest, um den es jetzt geht, also die sogenannten ‚umstrittenen Gebiete‘, nicht zu diesen Autonomieregionen gehört. Jetzt ist es die offizielle Politik, in diesen Gebieten wieder irakische Oberhoheit herzustellen. Die irakischen Truppen werden jetzt kaum weitermarschieren.

Der Deal zwischen PUK und Bagdad soll sein, dass die Region um Kirkuk und Khanaqin zivil unter kurdischer Verwaltung bleibt und nur militärisch vom Irak kontrolliert wird, was heißt, dass kurdische Polizei und die PUK-Funktionäre auf unterer Ebene alle im Amt bleiben. Im Gegenzug zum Verzicht auf die militärische Kontrolle in Kirkuk soll dann der Flughafen von Suleymania wieder aufgemacht werden und Bagdad übernimmt die volle Zahlung von Angestellten in Suleymania und anderen von der PUK kontrollierten Regionen.

Innerkurdisch ist das Ganze ein Totaldesaster. Man hat im Vorfeld geprahlt, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen; man hat Kirkuk zum Jerusalem Kurdistans erklärt, aus dem man keinen Meter weichen werde – und innerhalb von nur 15 Stunden wurden sämtliche Gebiete, die unter kurdischer Kontrolle gestanden haben, einfach geräumt. Das betrifft Kirkuk, das betriff, Sinjar, also jenes Gebiet, das 2014 vom Islamischen Staat erobert wurde, das betrifft Makhmur und Khanaqin. Das Gebiet, das die Kurden kontrolliert haben, hat sich in 15 Stunden de facto halbiert. Die kurdische Führung ist im Prinzip kollabiert, weil die Hälfte mit Bagdad zusammengearbeitet hat.

Wo Barzani sich vollkommen verkalkuliert hat und wo die Enttäuschung ganz vieler Kurden jetzt auch riesig ist, ist die Reaktion der Amerikaner, von denen sie sich völlig im Stich gelassen fühlen. Man ging davon aus, dass die USA die Kurdische Regionalregierung von Barzani unterstützen würde, egal was diese tut.

Ohne dieses Referendum wäre die Sympathie vermutlich auch auf Seiten der Kurden gewesen und die USA hätte die Übernahme von Kirkuk so nicht durchgehen lassen. Was viele überrascht hat, man hat Barzani jede Art von Unterstützung entzogen.

Die Übernahme von Kirkuk von iranischer Seite wird auch als Schlag ins Gesicht der USA gefeiert; auch als ein Schlag ins Gesicht von Israel, das ja das einzige Land war, das das Referendum mehr oder weniger unterstützt hat. Der Iran feiert eine totale Niederlage der US-Strategie im Nahen Osten sowie die Demütigung der bisher engsten Verbündeten der USA, nämlich Barzani und seiner KDP – und solch eine Niederlage ist das auch tatsächlich.  mehr Informationen    

Die Taqiyya-Politik zur Täuschung

Gedanken zum Nahen Osten von Bassam Tibi, gekürzt aus der BAZ 5.10.17

Die Begriffe Assassinen und Taqiyya sind islamisch-schiitischen Ursprungs. Nach dem islamischen Schisma in Sunna und Schia im Jahre 661 wurden Schiiten verfolgt; sie gingen daraufhin in den Untergrund, um der sunnitischen Verfolgung zu entkommen. Das schiitische religiöse Dogma der Taqiyya erlaubt Schiiten, sich in der Öffentlichkeit zu verstellen und dabei zu lügen, um ihr Leben zu schützen. Im Verlauf der Jahrhunderte hat sich dieses Dogma jedoch verselbstständigt; so wird es auch dann angewandt, wenn keine unmittelbare Lebensgefahr besteht.

Die Assassinen waren eine mittelalterliche schiitische Sekte. Sie werden in der Regel von einer dritten Partei als Meuchelmörder und Spione instrumentell eingesetzt. Sie sind ihrem Auftraggeber gegenüber loyal und gefügig. Zunächst spionieren sie im traditionellen Sinne dadurch, dass sie versuchen, ihr Zielobjekt durch Vertrauenserwerb zu infiltrieren und dann weiterlesen

Kurdistan – Erfüllung biblischer Prophetie

An einer internationalen anti-Terrorkonferenz in Israel bekräftigte Justizministerin Ayelet Shaked am Montag 11.09.2017, dass Israel eine kurdische Unabhängigkeit «zumindest im irakischen Teil» befürwortet. Die kurdische Regionalregierung will am 25. September ein Referendum übe diese Unabhängigkeit durchführen. «Israel und die Länder des Westens  weiterlesen

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