Isis bald selbst unter Druck durch seine Partner

Die Isis-Dschihadisten im Irak konnten ihre jüngsten Erfolge nur mit Hilfe der Anhänger von Diktator Saddam Hussein erzielen. Deren Kopf ist Izzat Ibrahim al-Douri, Saddams Stellvertreter.

Experten sind sich sicher, dass die erstaunlichen Erfolge, die sunnitische Rebellen in den letzten Wochen im Irak verzeichnet haben, ohne die Hilfe des ehemaligen Stellvertreters von Saddam Hussein nicht möglich gewesen wären. Die grausamen Dschihadisten von Isis (Islamischer Staat im Irak und in Syrien) seien von sich aus nicht in der Lage, derartige Territorialgewinne zu erzielen, meint etwa Michael Knights, Irakexperte beim Washington-Institut für Nahostpolitik.

Douris Truppe trägt den eigenartigen Namen «Männer der Armee des Naqshbandia-Ordens», bei Experten bekannt unter ihrer arabischen Abkürzung JRTN (Jaysh Rijal al-Tariqa al-Naqshbandia). Der Naqshbandia-Orden ist eine weltweit verbreitete Gruppierung von Sufis, von sunnitischen Muslimen, die spirituelle, mystische Elemente des Islam betonen. Sufis gelten als unweltlich und friedfertig – das kann von Douris Kämpfern nicht behauptet werden. Er gründete JRTN als eigene Schutztruppe. Douri ist der wichtigste Vertraute des Diktators, der noch auf freiem Fuss ist.

Es wird vermutet, dass Douri sich meist in Syrien aufhielt. Alle paar Jahre meldete er sich zu Wort – in Erklärungen auf einschlägigen Websites, per Audiobotschaft in arabischen Sendern wie al-Jazeera oder in Videos, die im Internet auftauchten. Eine letzte Videobotschaft erschien vor einem Jahr.

Dass er bereit ist, mit Jihadisten zu kooperieren, hat Douri unter Beweis gestellt, seit er untergetaucht ist. Schon 2003 behaupteten zwei verhaftete Mitglieder von Ansar al-Islam, einer al-Qaida-nahen Gruppierung im Irak, dass sie von Douri beauftragt worden seien.

Douri hat zudem schon seit Jahren einen strengeren Islam im Irak gefördert. Als führendes Mitglied des Naqshbandia-Ordens drängte er Saddam Hussein in den 90er-Jahren dazu, die säkulare Politik der Baath-Partei aufzugeben und dem Islam eine stärkere Bedeutung zu geben.

Auch der Geheimdienst von Jordanien hat Experten zufolge seit Jahren Kontakte zu Douri gepflegt. Ein wichtiger Teil der sunnitischen Opposition im Irak hat seine Basis in Jordanien. Das Land ist schon seit 2003 Gastgeber der wichtigsten Familienmitglieder von Saddam Hussein: Die beiden älteren Töchter des Diktators, Raghad und Rana, leben mit ihren neun Kindern in der Hauptstadt Amman unter dem persönlichen Schutz des jordanischen Königs.

Raghad Saddam Hussein hat sich plötzlich wieder zu Wort gemeldet. «Ich freue mich über die Siege der letzten Tage», sagte sie Mitte Juni, nachdem die Städte Tikrit und Mosul und eine ganze Reihe weiterer Orte in die Hände der sunnitischen Rebellen gefallen waren. «Das sind die Siege der Kämpfer meines Vaters und von meinem Onkel Izzat al-Douri.» Im Internet findet sich eine sehr aktive Facebook-Seite von Raghad Saddam Hussein, auf der täglich neue Videos aus den umkämpften Städten im Irak auftauchen, garniert mit heroischen Bildern des Diktators. Auch Twitter bietet regelmässige Updates von Raghad Hussein.

Es tauchen nirgendwo die schwarzen Fahnen radikaler Islamisten auf. Auch die Bilder von Hinrichtungen, mit denen Isis Schlagzeilen macht, fehlen. Selbst wenn sie mit den radikalen Islamisten kooperieren, wollen sich Douris Leute offenbar von deren Methoden distanzieren.

«Wir sind stärker als Isis», sagte kürzlich der Brigadegeneral Muzhir al-Qaisi in einem Interview mit dem britischen TV-Sender BBC. «Eine Stadt wie Mosul ist für Isis zu gross. Eine solche Stadt können sie nicht kontrollieren.» Die JRTN-Verbände behaupten hingegen, die zweitgrösste Stadt des Irak unter ihrer Kontrolle zu haben. «Wir sind gut organisiert, wir kämpfen nach den Regeln der Genfer Konvention», sagte Qaisi der BBC. «Isis, das sind Barbaren

Wer also wie genau die Kontrolle hat, ist kaum zu beurteilen. Michael Knights geht davon aus, dass die Differenzen zwischen Douri und den Islamisten nicht lange zu überbrücken sein werden. «Im Augenblick brauchen sie einander», sagte er. «Am Ende werden sie gegeneinander kämpfen

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