Barmherzigkeit sucht Hartherzigkeit

Nun kommt die Geschichte, die wir miteinander betrachten, auf den Höhepunkt. Hier sehen wir die volle Offenbarung der Liebe Gottes. Dass Gott die zerbrochenen Herzen liebt, sahen wir am Beispiel des jüngeren Sohnes. Wie der Vater seinem jüngeren Sohn begegnet ist, lässt uns über Gottes Barmherzigkeit staunen. Doch heute betrachten wir noch etwas viel Seltsameres: Gott liebt sogar die harten und selbstgerechten Menschen.

Vater in Bewegung
Der Vater feiert mit seinem heimgekehrten Sohn ein Freudenfest. Wer mit Gott lebt, der hat allen Grund zum Feiern. Doch auf einmal kommt ein Bote in den Saal, geht zum Vater sagt: „Draußen steht dein älterer Sohn. Er ist zornig auf dich und will nicht hereinkommen.“ Nun blicken alle gespannt auf den Vater. Wie wird er reagieren?

Als Jesus diese Geschichte erzählte, erlebte er genau die gleiche Situation um sich herum. Jesus machte zerbrochene und am Leben gescheiterte Menschen mit Gottes Erbarmen bekannt. Und gemeinsam freuten sie sich, dass Gottes Zuwendung ihnen gilt. Dann kamen die frommen Pharisäer und Schriftgelehrten und murrten, weil sich Jesus um diese Leute kümmerte und mit ihnen aß. Die erwartungsvolle und freudige Atmosphäre wurde gestört und unterbrochen. Deshalb erzählte Jesus diese Geschichte. Er erzählte vom jüngeren Sohn, der alle Freuden dieser Welt auskostete und dennoch unerfüllt blieb. Da dachten die Menschen um Jesus herum: „Ja, das sind wir.“ Dann kam er zum älteren Sohn. Sofort dachten die Schriftgelehrten und Pharisäer: „Damit meint er uns.“ Jesus sagte: „Der ältere Sohn wurde zornig. Als der Vater davon hörte, stand er auf und ging hinaus.“ Er verließ und unterbrach das Fest, weil jemand draußen stand und nur mit sich selbst beschäftigt war.

Gibt es eine schönere und größere Darstellung von der Liebe Gottes, als dass Gott die Herrlichkeit verlässt, um uns Menschen aufzusuchen und uns für sein Reich zu gewinnen? Jesus hat die Herrlichkeit Gottes verlassen und sich zu uns Menschen aufgemacht, um uns hereinzuwerben. Gott kümmert sich nicht nur um die Menschen, die zerbrochenen Herzens sind und sich nach ihm sehnen. Nein, er geht zu allen Menschen. Er geht auch zu denen, die Mühe haben mit Gott und ihn nicht mehr verstehen. Gott geht ausnahmslos zu allen Menschen. Es gibt keinen Menschen auf dieser Erde, um den sich Gott nicht bemüht. Keinen einzigen Menschen. Jedem kommt er entgegen. Durch den Propheten Hesekiel hat Gott uns aufgezeigt, dass es nicht seiner Absicht entspricht, wenn EIN MENSCH verloren geht (Hes. 18,23.32). Deshalb kommt Gott uns allen entgegen.

Das Schöne ist: Der himmlische Vater tut den ersten Schritt. Er zitiert nicht einfach den älteren Sohn herbei. Er hätte auch sagen können: „Schluss jetzt, holt mir diesen störrischen Sohn. Bringt ihn hierher.“ Nein, der himmlische Vater ist anders. Er geht selbst hinaus. Jesus hat auch uns den Auftrag gegeben: „Geht hin zu allen Menschen dieser Welt“ (nach Mt. 28,19). Jesus gab nicht den Auftrag: „Lasst die Menschen zu euch kommen.“ Der Vater macht den ersten Schritt und geht zu seinem verärgerten Sohn. So ist unser himmlischer Vater. Er kommt zu Dir und zu mir. Und er lädt uns auch ein, in seinem Auftrag den ersten Schritt zu unseren Mitmenschen zu tun.

Die Begegnung
Nun begegnen sich der Vater und der Sohn. Die Pharisäer halten den Atem an. Sie wissen: „Nun sind wir gemeint.“ Was macht der Vater jetzt mit dem älteren Sohn? Er wird ihn sicher tadeln. Er wird loslegen und ihm die Leviten lesen, weil er nicht hineinkommen wollte. Jesus schaut in die Augen der Pharisäer und sagt: „Der Vater geht hinaus und redet freundlich mit dem Sohn“ (Lukas 15,28b).

Der Vater hätte dem Sohn befehlen können: „Du kommst jetzt rein und feierst mit uns. Ich will es so.“ Er hätte auch tadeln können: „Wenn du so störrisch bist, dann gehst du auf dein Zimmer und bleibst da. Ich will dich nicht mehr sehen.“

Gott ist ganz anders. Er redet freundlich zu dem stinksauren Sohn. Er sagt: „Komm doch herein. Freu dich mit uns, dein Bruder ist heimgekommen.“ Es ist eine besondere Eigenart Gottes, dass er uns weder Befehle erteilt noch uns einfach bestraft, wenn wir nicht tun, was er von uns erwartet. Er kommt zu uns und redet mit uns. Er sagt: „Willst Du Dein Verhalten nicht ändern? Ich möchte, dass Du bei mir bist und Dich mitfreuen kannst.“ Seht, bei Gott wird niemand zu seinem Glück gezwungen. Niemand wird in die Nachfolge Jesu hinein beordert. Alle folgen freiwillig Jesus nach. Gott redet freundlich, aber bestimmt zu uns. Er sagt: „Ich freue mich, wenn Du mit dabei bist. Es ist jetzt nicht dran, Gericht zu üben. Jetzt ist die Zeit der Gnade. Komm mit mir.“ Diese Einladung gilt jedem von uns. Komm zu Jesus. Vertraue ihm Dein ganzes Leben an und lass Dich durch ihn verändern. Er wirbt um Dich.

Verunsichert Dich diese Art Gottes? Ja, manchmal wünschen wir uns einfach klare Befehle oder dass Gott sich machtvoll durchsetzt. Doch Gott wirbt um uns. So können wir uns gegenseitig ermutigen und einladen auf Gott zu vertrauen. So wie es Paulus den Korinthern im zweiten Brief schrieb: Wir sind Gesandte von Jesus Christus und bitten für ihn: Lasst euch versöhnen mit Gott! (nach 2.Kor 5,20) Gott möchte, dass wir selbst zuerst die Versöhnung erleben und dann andere um uns herum ermutigen auf Gott zu vertrauen.

Text: Hanspeter Obrist

Auszug aus dem Buch

Der barmherzige Vater
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